Der Antragsteller wandte sich im Wege eines Eilverfahrens gegen die Bestim-mungen der Corona-Verordnung vom 15. September 2021, wonach
umfassen-de Testpflichten für nicht durch Impfung oder Genesung gegen eine Coronain-fektion immunisierte Personen bestehen.
Der Antragsteller ist nicht gegen COVID-19 geimpft. Er hält die Regelungen über Testnachweisobliegenheiten für
nicht-immunisierte Personen für rechts-widrig. Er wolle mit Freunden u.a. ins Theater gehen, Stadt- und Volksfeste, Museen, Messen,
Sportstätten, Bäder, Saunen und Freizeitparks besuchen so-wie Leistungen von Gastronomie, Vergnügungsstätten und
Beherbergungsbe-trieben in Anspruch nehmen. Der Antragsteller macht geltend, er werde durch die angefochtenen Regelungen, namentlich der
Testpflicht und der Zutrittsver-bote ab der „Alarmstufe“ erheblich in seiner Möglichkeit eingeschränkt, am
ge-sellschaftlichen Leben teilzuhaben. Er werde trotz vollster Gesundheit diskrimi-niert und in seinen Grundrechten auf allgemeine
Handlungsfreiheit, Berufs-freiheit und auf Schutz von Ehe und Familie verletzt sowie ungleich behandelt.
Der 1. Senat des VGH lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 12. Oktober 2021 ab. Zur Begründung führt er aus, gegen die
Vorschriften über die Warnstufe und die Alarmstufe könne sich der Antragsteller mangels Rechtsschutzinteres-se nicht wenden. Die
nach § 1 Abs. 2 Corona-Verordnung maßgeblichen Schwellenwerte der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz und der Auslastung der
Intensivbetten mit Covid-19-Patienten für die Warnstufe und die Alarmstufe sei-en aktuell nicht erreicht und es sei nicht erkennbar,
dass sie alsbald erreicht würden. Daher fehle dem Antrag insoweit das Rechtsschutzinteresse.
Die Vorschriften über Testnachweispflichten für nicht-immunisierte Personen in der Basisstufe seien aller Voraussicht nach
rechtmäßig. Der Senat habe be-reits mit Beschluss vom 7. September 2021 entschieden, dass die Vorschrift über
Testnachweispflichten für nicht-immunisierte Personen in § 5 Abs. 1 Satz 2 Corona-Verordnung vom 14. August 2021 voraussichtlich
rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig und gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Auch wenn nach
derzeitigem Erkenntnisstand die Impfung oder eine über-standene COVID-19-Infektion nicht in allen Fällen davor schütze, sich
und an-dere mit dem Coronavirus zu infizieren, seien diese Risiken im Vergleich zu nicht-immunisierten Personen ganz erheblich reduziert
(s. ausf. Pressmitteilung vom 9. September 2021).
Das Testerfordernis sei weiterhin verhältnismäßig. Auch die Tatsache, dass ab dem 11. Oktober 2021 ein kostenloser
Bürgertest nicht mehr in der bisherigen Form zur Verfügung stehe, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Durch die
Kos-tenpflichtigkeit der Tests erhalte der Grundrechtseingriff für die Betroffenen oh-ne Zweifel ein schwereres Gewicht. Die Kosten
für die in den meisten Fällen ausreichenden Antigen-Schnelltests beliefen sich ab dem 11. Oktober 2021 auf ca. 10 bis 25 EUR je
Test. Da ein solcher Antigen-Schnelltest nur für 24 Stun-den Gültigkeit besitze, könnten auf die Betroffenen je nach
Frequenz der Inan-spruchnahme der Testmöglichkeiten nicht unerhebliche Kosten zukommen.
In die Abwägung einzustellen sei auf der anderen Seite, dass die Testnach-weispflichten in der derzeit geltenden „Basisstufe“ auf Betriebe und Veranstal-tungen mit spezifischer Infektionsgefahr und in geschlossenen Räumen sowie Großveranstaltungen im Außenbereich, wenn der Mindestabstand nicht zuver-lässig eingehalten werden könne, begrenzt seien. Der gesamte Bereich des Einzelhandels, der öffentliche Verkehr, religiöse Veranstaltungen, Versamm-lungen, Freizeiteinrichtungen und Sport im Freien, sowie die Außengastrono-mie seien hingegen weiterhin ohne Testobliegenheiten nutzbar. Körpernahe Dienstleistungen unterlägen einer Testnachweispflicht nur, wenn sie nicht un-abdingbar der Gesundheitsvorsorge dienten. Auch für sämtliche privaten Zusammenkünfte gebe es keinerlei Restriktionen.
Hinzu komme, dass die Möglichkeit bestehe, den Test vor Ort unter Aufsicht desjenigen, der das Vorliegen eines Testnachweises überprüfen müsse, durch-zuführen (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 CoronaVO, § 2 Nr. 7 SchAusnahmV). Die entspre-chend ausgestellten Testnachweise könnten sodann auch für den Zutritt zu anderen Einrichtungen oder Veranstaltungen genutzt werden, wie sich auch aus der Begründung zur Corona-Verordnung ergebe. Kostenlose Testungen würden weiterhin für Personen angeboten, die aus individuellen medizini-schen Gründen nicht gegen das Coronavirus geimpft werden könnten (vgl. § 4a Nr. 2 TestV).
Ein darüber hinaus gehender „Anspruch“ der Betroffenen auf weiterhin kosten-lose Testung sei jedoch nicht geboten. Der Anspruch auf kostenlose Bürgertes-tung sei im Frühjahr 2021 vor dem Hintergrund der Tatsache eingeführt worden, dass die entwickelten Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus zunächst nur sehr limitiert verfügbar gewesen seien und durch ein kostenfreies Testangebot der nicht-immunisierten Bevölkerung ermöglicht werden sollte, wieder vollstän-dig am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Diese Situation habe sich insofern entspannt, als mittlerweile jeder Bundesbürger über 12 Jahren, bei dem keine medizinische Kontraindikation bestehe, in der Lage gewesen sein sollte, ein kostenloses und breit verfügbares Impfangebot wahrzunehmen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (1 S 3038/21).