Der Antragsteller meldete am 28. April 2020 bei der Landeshauptstadt Stuttgart (Antragsgegnerin) eine Versammlung unter dem Thema „8. Mahnwache für das Grundgesetz“ mit einer Teilnehmerzahl von 50.000 Personen an. Die Demonstration soll heute um 15.30 Uhr auf dem Cannstatter Wasen stattfinden. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Bescheid vom 14. Mai 2020 die Anmeldung und erließ verschiedene Auflagen. Unter anderem wurde die Teilnehmerzahl auf 5.000 Personen begrenzt und dem Antragsteller aufgegeben, je zehn Teilnehmer einen Ordner einzusetzen. Zudem wurde verfügt, dass die Ordner eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssten. Die Auflagen begründete die Antragsgegnerin mit den Gefahren der Übertragung des Coronavirus bei der Versammlung und bei der An- und Abreise der Teilnehmer zur Versammlung. Nur bei einer 5.000 Menschen begrenzten Teilnehmerzahl könnten die einzuhaltenden Mindestabstände gewährleistet und überwacht werden.
Mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wandte sich der Antragsteller gegen die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 5.000 Personen und die Pflicht der Ordner, eine Maske zu tragen, an das Verwaltungsgericht Stuttgart. Dieses lehnte mit Beschluss vom 15. Mai 2020 den Antrag ab.
Hiergegen hat der Antragsteller heute Beschwerde zum VGH eingelegt. Mit dieser hat er sich nur noch gegen die Beschränkung der Teilnehmerzahl gewandt.
Der 1. Senat des VGH hat die Beschwerde durch Beschluss soeben zurückgewiesen. Zur Begründung führt er aus, dass die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 5.000 Personen kein rechtswidriger Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Veranstalters sei. Zum Kern der Versammlungsfreiheit gehöre das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters einer Versammlung. Hierzu zähle als wesentliches Element auch die Festlegung der Teilnehmerzahl. Denn eine Versammlung als Form der Meinungskundgabe und Mittel der Meinungsbildung sei typischerweise darauf angelegt, für die eigene Auffassung zu werben und weitere Anhänger und Unterstützer der eigenen Meinung zu gewinnen. Gleichwohl seien versammlungsbehördliche Begrenzungen der Zahl der Teilnehmer einer Versammlung nicht von vornherein ausgeschlossen. In ganz besonderen Ausnahmefällen könnten sie rechtmäßig sein, insbesondere bei gravierenden Gefahren für die Schutzgüter von Leib und Leben nach Art. 2 Abs. 2 GG, für die der Staat eine Schutzpflicht innehabe.
Daher sei hier wegen der besonderen Gefahren durch das Coronavirus eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 5.000 rechtmäßig. Bei der vorangegangen Versammlung am 9. Mai 2020 sei es insbesondere im Bereich der Bühne und bei An- und Abreise auch im unmittelbaren Versammlungsbereich zu Personenvereinigungen gekommen, die durch die Abstandsregelungen gerade vermieden werden sollten. Nach dem Bericht des Polizeivollzugsdienstes sei es erforderlich gewesen, mehrfach mittels Lautsprecherdurchsagen auf die Einhaltung der Mindestabstände hinzuweisen, da die Versammlungsteilnehmer diese nicht eingehalten hätten und die Ordner keine Regelungen vor Ort hätten treffen können. Auch im Nachgang der Demonstration seien insbesondere durch Meldungen und Bilder der Polizei mehrere bedenkliche Situationen im Bühnenbereich und bei den Zugangs- und Abflusswegen bekannt geworden, die den Anforderungen des Infektionsschutzes widersprochen hätten.
Der Beschluss des VGH ist mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbar. Der Antragsteller kann jedoch (mit einem außerordentlichen Rechtsmittel) eine einstweilige Anordnung beim Bundesverfassungsgerichts oder beim Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen (1 S 1541/20).