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Luftreinhalteplan Ludwigsburg: VGH begründet Verurteilung des Landes zur Neuplanung

Datum: 13.12.2019

Kurzbeschreibung:  Wie bereits gemeldet (Pressemitteilung Nr. 35 vom 28. November 2019), hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2019 einer Klage der Deutschen Umwelthilfe stattgegeben und das Land verurteilt, den für die Stadt Ludwigsburg geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts von 40 Mikrogramm/Kubikmeter für Stickstoffdioxid (NO2) enthält. In die Planung sind Fahrverbote mit aufzunehmen. Nur ausnahmsweise kann dies unterbleiben, wenn im Zeitpunkt einer frühestmöglichen neuen Planung die volle Durchführung anderer Maßnahmen rechtlich, finanziell und tatsächlich gesichert ist und sie nach qualifizierten Prognosen geeignet sind, eine gegenüber Fahrverboten gleich schnelle Grenzwerterreichung zu gewährleisten.

In der heute den Beteiligten bekannt gegebenen Urteilsbegründung hat der 10. Senat des VGH unter anderem ausgeführt, dass der vorliegende Luftreinhalteplan nicht der aus europäischem und nationalem Recht folgenden Verpflichtung genüge, im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung Überschreitungen des Jahresgrenzwertes für NO2 möglichst kurz zu halten. In den vergangenen Jahren wurde der Wert in Ludwigsburg stets überschritten; zuletzt betrug er 51 Mikrogramm/Kubikmeter für das Jahr 2018. In dem Plan sei in dieser Situation zu Unrecht auf Dieselfahrverbote verzichtet worden, deren Einbeziehung in die vorgesehenen Minderungsmaßnahmen eine frühere Grenzwerteinhaltung ermöglicht hätte. Zudem seien die bei der Planung zugrunde gelegten Prognosen teilweise nicht hinreichend belegt; z. B. sei bei der Wirkung von Software-Updates für Pkw die Frage nach deren Nachhaltigkeit nicht thematisiert worden. Auch die von Land und Stadt kurz vor der Gerichtsverhandlung neu in die Diskussion eingebrachten weiteren Maßnahmen seien in ihrer Wirkung zu unsicher, um ein Absehen von Dieselfahrverboten als besonders effizienter Maßnahme zur Grenzwerteinhaltung zu rechtfertigen. Für die nunmehr erforderliche Neuplanung dürfe das verbindliche Ziel, den Grenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter schnellstmöglich zu erreichen, auch nicht mit Blick auf die gesetzliche Neuregelung im Bundes-Immissionsschutzgesetz relativiert werden. Wenn man dieser Neuregelung entnehmen wollte, dass in der Regel Fahrverbote erst bei Überschreitung des Jahresgrenzwertes von 50 Mikrogramm/Kubikmeter in Betracht kämen, könne dadurch das Planungsermessen des Landes nicht gelenkt werden. Denn bei einer solchen Auslegung verstieße die Neuregelung gegen zwingende Vorgaben des Europäischen Rechts.

Der Plangeber werde unverzüglich die bislang unterlassene Prognose der konkreten Immissionsminderungspotentiale von Dieselfahrverboten nachzuholen und solche schnellstmöglich in die neue Planung aufzunehmen haben. Ob unter Verhältnismäßigkeitsaspekten schon streckenbezogene Fahrverbote ausreichen könnten, sei bei Berücksichtigung der über den Messpunkt Friedrichstraße hinaus jedenfalls noch 2017 bestehenden weiteren potentiellen Überschreitungsstellen allerdings eher unwahrscheinlich. Ein Verzicht auf die Aufnahme von Fahrverboten in die neue Planung im Hinblick auf die vom Beklagten und von der Beigeladenen (nunmehr) benannten anderen Maßnahmen komme nur dann in Betracht, wenn im Zeitpunkt einer frühestmöglichen neuen Planung die volle Durchführung der anderen Maßnahmen rechtlich, finanziell und tatsächlich gesichert sei und sie nach qualifizierten Prognosen geeignet seien, eine gegenüber Fahrverboten gleich schnelle Grenzwerterreichung zu gewährleisten. Stadt und Land müssten außerdem in Zusammenarbeit mit gutachtlichen Stellen schnellstmöglich weitere Messpunkte festlegen, um repräsentative Mess- und Prognosewerte auch für das Jahr 2020 gewinnen zu können, in dem die Messstation Friedrichstraße wegen beabsichtigter längerfristiger Bauarbeiten aller Voraussicht nach keine belastbaren Daten für die Ermittlung des NO2-Jahresmittelwerts des Jahres 2020 liefern könne.

Gegen das Urteil ist die Revision zum Bundesverwaltungsgericht möglich. Diese hat der VGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Az. 10 S 2741/18).

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