Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG): Erbenermittlerin kann vom Land Auskunft über Werthaltigkeit einer sog. Fiskuserbschaft verlangen

Datum: 05.09.2019

Kurzbeschreibung: 
Die Klägerin betreibt ein Büro für Erbenermittlungen mit Sitz in Baden-Württemberg. Im Jahr 2016 forderte sie den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Freiburg, auf, ihr den Wert des Nachlasses der Verstorbenen E. N. mitzuteilen. In Bezug auf diesen Nachlass hatte das Nachlassgericht (Notariat Lörrach) ein Fiskuserbrecht festgestellt.

Wenn im Zeitpunkt des Todes weder ein Testament noch ein gesetzlicher Erbe (Ehegatte oder Lebenspartner, Kinder, sonstige Verwandte) vorhanden ist, so erbt das Bundesland, in dem der Erblasser zuletzt wohnte (Fiskuserbrecht). Mit dem in § 1936 BGB geregelten Fiskuserbrecht soll verhindert werden, dass herrenlose Nachlässe entstehen.

Die Klägerin stützte ihre Bitte um Auskunft auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG). Der Landesbetrieb Vermögen und Bau lehnte es aber ab, die erwünschte Auskunft zu erteilen. Im Lauf des folgenden Rechtsstreits begründete der Landesbetrieb seine ablehnende Entscheidung unter anderem wie folgt:

Das LIFG gewährleiste den freien Zugang zu amtlichen Informationen, um die Transparenz der Verwaltung zu vergrößern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern. Der Auskunftsanspruch diene dagegen nicht der Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen Einzelner. Da die Klägerin mit ihrem Auskunftsersuchen ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolge, könne sie sich nicht auf das LIFG berufen. Ein gehäuftes Aufkommen derartiger Anfragen würde zudem zu einer Überlastung der öffentlichen Verwaltung führen. In dem Amtsgerichtsbezirk, für das das Amt Freiburg zuständig sei, würden jährlich ca. 180 Fiskuserbrechte festgestellt, sodass die Beantwortung solcher Anfragen von Erbenermittlungsinstituten einen erheblichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch nehmen würde. Die Erteilung der erbetenen Auskunft habe auch nachteilige Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Interessen des Landes, da die Auskunft direkt auf den Erwerb des vom Fiskus (vorläufig) erlangten Nachlasses abziele. Schließlich stehe dem Auskunftsbegehren das Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen sowie der zu ermittelnden Erben entgegen.

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat der Klage mit Urteil vom 19.10.2017 stattgegeben und das beklagte Land verpflichtet, der Klägerin die begehrte Auskunft über den Wert des Nachlasses der Verstorbenen E. N. zu erteilen. Mit - inzwischen rechtskräftigem - Urteil vom 21.03.2019 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) die Berufung des Landes gegen das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen.

Wie schon das Verwaltungsgericht, ging auch der 10. Senat des VGH davon aus, dass die Klägerin nach dem LIFG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Auskunft hat. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin könne nach § 1 Abs. 2 LIFG die Erteilung der begehrten Information beanspruchen. Bei dem Landesbetrieb handele es sich um eine informationspflichtige Stelle des Landes. Der Wert des Nachlasses, der dem Land bereits bekannt sei, sei eine amtliche Information im Sinne des LIFG. Der Informationsanspruch sei auch nicht zum Schutz der Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr ausgeschlossen. Nachteilige, einer Informationserteilung entgegenstehende Auswirkungen könnten nicht damit begründet werden, dass Erbenermittler abhängig vom jeweils mitgeteilten Nachlasswert gerade die Erben werthaltiger Nachlässe ermitteln würde, während dem Land nur noch wertlose oder überschuldete Fiskuserbschaften verblieben. Das gesetzliche Fiskuserbrecht bezwecke lediglich, eine Herrenlosigkeit von Nachlässen zu vermeiden. Es diene aber nicht dazu, den Fiskus davor zu schützen, dass bisher unbekannte vorrangige Erben des Verstorbenen noch ermittelt werden. Es bestehe auch kein anderer Grund, die begehrte Information nicht mitzuteilen. Zwar gewährleiste der postmortale Persönlichkeitsschutz Verstorbener, dass diese nicht grob herabgewürdigt oder erniedrigt würden. Jedoch sei mit der Information über den Wert des Nachlasses eine Verletzung der Menschenwürde der Verstorbenen nicht verbunden. Zum einen handele es sich um keine der engeren Privatsphäre der Verstorbenen zuzuordnende Information. Zum anderen werde durch die Mitteilung des Nachlasswerts die Verstorbene weder grob herabgewürdigt oder erniedrigt noch werde ihr zu Lebzeiten erworbene Geltungsanspruch grob entstellt.

Das Urteil des VGH ist rechtskräftig (10 S 397/18).

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