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Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen darf Anforderungen an Grobspanplatten nicht zur bloßen Gefahrenvorsorge stellen
Datum: 12.07.2019
Kurzbeschreibung:
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat mit zwei Beschlüssen vom 10. Juli 2019 Technische Baubestimmungen hinsichtlich VOC-Emissionen aus Holzwerkstoffen für voraussichtlich nicht rechtens erklärt. Er hat daher den Anträgen von zwei Herstellern sog. OSB- bzw. Grobspanplatten (Antragstellerinnen) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen und die einer Musterverwaltungsvorschrift entsprechende Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums vom 20.12.2017 hinsichtlich bestimmter, ab 01.10.2019 auch für solche Holzwerkstoffe geltenden Anforderungen an VOC-Emissionen (flüchtige organische Verbindungen) vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Mit den angegriffenen technischen Baubestimmungen müssen bestimmte Holzwerkstoffe, die im Bauwesen Verwendung finden, in der Verwaltungsvorschrift näher bezeichnete Anforderungen hinsichtlich von ihnen ausgehender flüchtiger organischer Verbindungen einhalten. Die Antragstellerinnen fürchten um die Verkehrsfähigkeit ihrer OSB-Platten, da sie die vorgegebenen Werte jedenfalls nicht vollständig einhalten könnten, was unter Inkaufnahme nicht unerheblicher Umsatzeinbußen eine aufwändige Umstellung ihrer Produktion und Lagerung bedingen würde. Sie machen geltend, dass von VOC ausgehende gesundheitsschädliche Wirkungen trotz umfassender wissenschaftlicher Untersuchungen bislang nicht hätten nachgewiesen werden können. Außerdem verstoße die Verwaltungsvorschrift gegen europäisches Recht.
In den Beschlüssen führt der 8. Senat des VGH aus, dass die angegriffenen Technischen Baubestimmungen voraussichtlich nicht den sich aus der Landesbauordnung ergebenden gesetzlichen Anforderungen entsprächen, auf die sie allein gestützt seien. Denn das Vorliegen einer hierfür erforderlichen abstrakten Gefahr habe der Antragsgegner nicht darlegen können. Etwa nur möglichen Gefahren oder Risiken könnten die Baurechtsbehörden aber nicht mit den Mitteln des geltenden Bauordnungsrechts begegnen. Wie mit solchen Risiken umzugehen sei, müsse der zuständige Gesetzgeber entscheiden.
Darauf, ob die angegriffenen technischen Baubestimmungen auch gegen europäisches Recht verstoßen könnten, komme es danach nicht mehr an.
Fänden die beanstandeten Bestimmungen in der Landesbauordnung voraussichtlich keine Rechtsgrundlage, könne den Antragstellerinnen vor einer endgültigen Klärung in den beim Senat bereits anhängigen Normenkontrollverfahren nicht zugemutet werden, ihre Produktion und Lagerung aufwändig umzustellen.
Die Beschlüsse sind unanfechtbar (Az. 8 S 2962/18 und 8 S 3008/18).