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Lärmaktionsplan der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen: Land muss Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h umsetzen
Datum: 28.08.2018
Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat mit einem heute den Beteiligten zugestellten Urteil der Berufung der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11. September 2017 stattgegeben.
Die Gemeinde hatte gegen das Land geklagt, weil dieses sich geweigert hatte, straßenverkehrsrechtliche Festlegungen aus ihrem Lärmaktionsplan umzusetzen. Der Lärmaktionsplan, den der Gemeinderat am 15. Oktober 2013 beschlossen hatte, sieht als Lärmminderungsmaßnahme für die Ortsdurchfahrten der Teilorte Oberuhldingen und Mühlhofen der Landesstraße L 201 eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in den Nachtstunden von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr vor. Bei der L 201 handelt es sich um eine Hauptverkehrsstraße mit einem Verkehrsaufkommen von über drei Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr. Gemeinden, durch deren Gebiet derartige Straßen führen, sind nach einer auf europarechtliche Vorgaben zurückgehenden Bestimmung im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) verpflichtet, Lärmaktionspläne zu erstellen, um auftretende Lärmprobleme und ihre Auswirkungen zu regeln. Die Umsetzung erfolgt durch die jeweiligen Fachbehörden, hier die Straßenverkehrsbehörde des Landratsamts Bodenseekreis. Von einer ganztägigen Geschwindigkeitsbegrenzung hatte die Gemeinde aufgrund der Verkehrsbedeutung der L 201 abgesehen. Bauliche Maßnahmen wie der Einbau eines lärmoptimierten Straßenbelags ließen sich kurzfristig nicht realisieren.
Das Verwaltungsgericht war davon ausgegangen, dass es der Gemeinde an der notwendigen Klagebefugnis fehle, weil sie mangels einer eigenen Rechtsposition die Umsetzung der von ihr festgelegten Lärmminderungsmaßnahme generell nicht einklagen könne. Dem ist der 10. Senat des VGH in seinem Urteil entgegengetreten: Die Gemeinde könne vom Land die Umsetzung der festgelegten Lärmminderungsmaßnahme einfordern. Die zur Umsetzung berufenen Fachbehörden, hier die Straßenverkehrsbehörde, seien nach § 47d Abs. 6 i. V. m. § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG an die Festlegungen in Lärmaktionsplänen gebunden. Sie könnten insbesondere nicht das Planungsermessen der Gemeinde durch ihr eigenes ersetzen. Die Bindung bestehe nur dann nicht, wenn die Anordnungsvoraussetzungen des Fachrechts, hier des Straßenverkehrsrechts, nicht erfüllt seien oder die Festlegung im Lärmaktionsplan nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Zur ordnungsgemäßen Festlegung gehöre neben der Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorgaben auch eine hinreichende Abwägung der durch die festgelegte Maßnahme betroffenen Belange Dritter, hier also der Verkehrsteilnehmer. Die Lärmminderungsmaßnahme müsse unter Berücksichtigung dessen insbesondere auch verhältnismäßig sein. Weitergehenden Bindungen unterlägen die Gemeinden aber nicht. Sie müssten auch kein Einvernehmen mit den Straßenverkehrsbehörden herstellen. Die Weigerung, eine im Lärmaktionsplan rechtmäßig festgelegte Lärmminderungsmaßnahme umzusetzen, verletze mit der Planungshoheit ein der Gemeinde im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie zustehendes Recht. Die Lärmaktionsplanung betreffe mit der Bewältigung des Umgebungslärms eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, auch wenn dieser maßgeblich vom Durchgangsverkehr (mit-)verursacht werde. Es könne offenbleiben, ob daneben auch der europarechtliche Effizienzgrundsatz die Annahme einer eigenen Rechtsposition der Gemeinden verlange.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Revision kann vom beklagten Land innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils eingelegt werden (Az. 10 S 2449/17).