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Gemeinde Wimsheim: Bebauungsplan "Breitloh-West II“ ist unwirksam
Datum: 08.02.2017
Kurzbeschreibung:
Der Bebauungsplan "Breitloh-West II“ der Gemeinde Wimsheim (Antragsgegnerin) vom 25. März 2014 ist unwirksam. Die Gemeinde hat das Ausmaß der luftverunreinigenden Stoffe, die von den im Plangebiet zulässigen Betrieben der Edelmetall- und Nichteisenmetallverarbeitung emittiert werden könnten, nicht hinreichend ermittelt. Dieser Fehler führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Das hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit drei heute verkündeten Urteilen aufgrund gemeinsamer mündlicher Verhandlung vom 2. Februar 2017 entschieden.
Der Bebauungsplan "Breitloh-West II“ setzt für Flächen am südlichen Ortsrand von Wimsheim nahe der Bundesautobahn A 8 ein "eingeschränktes Industriegebiet" fest. In diesem sind außer nicht erheblich belästigenden produzierenden und verarbeitenden Gewerbebetrieben auch erheblich belästigende Betriebe der Edelmetall- und Nichteisenmetallverarbeitung zulässig. Anlass für die Planaufstellung war der Wunsch eines bestimmten Betriebes der Edelmetall- und Nichteisenmetallverarbeitung aus Pforzheim, sich im Plangebiet anzusiedeln. Die Gemeinde hat im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans das Ausmaß luftverunreinigender Stoffe, die von einem Betrieb der Edelmetall- und Nichteisenmetallverarbeitung emittiert werden könnten, anhand des ansiedlungswilligen Betriebs und auf der Grundlage seiner Anlagenkonfiguration am bisherigen Standort ermittelt. Die Antragsteller - die Eigentümerin eines ca. 390 m nördlich des Plangebiets gelegenen Wohngrundstücks, ein Gewerbebetrieb im östlich angrenzenden Gebiet des Bebauungsplans "Breitloh-West" sowie die Gemeinde Friolzheim, deren Gemarkung südlich an das Plangebiet anschließt - wandten mit ihren Normenkontrollanträgen u.a. ein, Immissionen durch Luftschadstoffe seien nicht hinreichend ermittelt worden. Der VGH ist dieser Auffassung gefolgt.
Zur Begründung hat der Vorsitzende des 5. Senats bei der mündlichen Urteilsverkündung im Wesentlichen ausgeführt: Alle drei Normenkontrollanträge seien zulässig. Sie seien auch begründet. Zwar stehe die städtebauliche Erforderlichkeit der Planung außer Frage, insbesondere handele es sich nicht um eine bloße "Gefälligkeitsplanung“ zugunsten des ansiedlungswilligen Betriebs. Die Gemeinde habe aber bei der Festsetzung des "eingeschränkten Industriegebiets" gegen ihre im Baugesetzbuch verankerte Pflicht verstoßen, bei der Aufstellung eines Bauleitplans die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung seien, zu ermitteln und zu bewerten. Die Antragsgegnerin habe nicht einen allein das konkrete Vorhaben des ansiedlungswilligen Betriebs betreffenden "vorhabenbezogenen Bebauungsplan", sondern einen "Angebotsbebauungsplan" aufgestellt, der auch anderen Betrieben derselben Branche eine Ansiedlung ermögliche. In einem solchen Fall müsse sie die für die Abwägung erheblichen Belange im Hinblick auf alle durch die Planung ermöglichten Nutzungen ermitteln und bewerten. Insoweit genüge es deshalb grundsätzlich nicht, nur einen ansiedlungswilligen Betrieb mit seiner bisherigen Anlagenkonfiguration in den Blick zu nehmen. Anderes könne nur gelten, wenn die von diesem Betrieb am bisherigen Standort ausgehenden Immissionen für Betriebe der betreffenden Branche (hier Betriebe der Edelmetall- und Nichteisenmetallverarbeitung) typisch seien. Das sei hier nach Auffassung des Senats nicht der Fall.
Der Ermittlungsfehler sei für die Wirksamkeit des Bebauungsplans auch rechtlich beachtlich, weil er rechtzeitig innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden sei. Da er die Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung betreffe, führe er zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans.
Der VGH hat eine Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Diese Entscheidungen können binnen eines Monats nach deren Zustellung durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 5 S 1049/14, 5 S 1418/14, 5 S 635/15).