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Was ist ein Campingplatz im Rechtssinn? 18 Wohnmobilstellplätze für Kunden einer Wohnmobiltechnikfirma im Gewerbegebiet zulässig
Datum: 26.07.2016
Kurzbeschreibung:
Eine Stellplatzanlage mit 18 Wohnmobilstellplätzen einschließlich Übernachtungsmöglichkeit und Technikgebäude zur Strom- und Wasserversorgung ist im Gewerbegebiet zulässig, wenn es sich um eine Nebenanlage einer im Gewerbegebiet ansässigen Wohnmobiltechnikfirma handelt. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) mit Urteil vom 1. Juni 2016 entschieden.
Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Firma, die u.a. Uhren und Schmuck vertreibt. Auf dem ihm gehörenden Betriebsgelände befindet sich neben den Gewerberäumen eine rund 220 m² große Betriebsleiterwohnung, die der Kläger selbst nutzt. Der Betrieb liegt im Gebiet des Bebauungsplans „Dammfeld/Regelbaum“ der Gemeinde Keltern, der für das gesamte Plangebiet ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die beigeladene GmbH beantragte 2012 für ebenfalls im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans liegende Grundstücke die Baugenehmigung für ein Fertigungsgebäude samt Werkstatt und verschiedenen Nebengebäuden. Der Bauantrag umfasst auch die Errichtung von 18 Stellplätzen für Wohnmobile und eines Technikgebäudes mit Strom- und Wasserversorgung für die Wohnmobile nebst Anlage zur Abwasserbeseitigung auf einem 1.986 m² großen Grundstück. Dieses Grundstück ist von einem der Betriebsgrundstücke des Klägers durch ein ca. 3 m breites Wegegrundstück getrennt. Die von der Beigeladenen geplante Bebauung dient der Errichtung einer Firma, die vollautomatische Satelliten- und Solaranlagen sowie elektromechanische Systeme für die Reisemobilbranche entwickelt, produziert und vertreibt. Für bereits installierte Anlagen und Systeme sollen Reparatur- und Serviceleistungen angeboten werden. Die Wohnmobilstellplätze sollen ausschließlich den aus einem größeren Einzugsgebiet anreisenden Kunden zum Abstellen ihrer Fahrzeuge und bei Bedarf (z.B. bei Anreise bereits am Abend vor Beginn der Reparatur- und Serviceleistungen oder längerer Dauer der Serviceleistungen) für maximal 2 Übernachtungen zur Verfügung gestellt werden.
Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung. Insbesondere macht er geltend, bei den Wohnmobilstellplätzen handele es sich um einen im Gewerbegebiet bauplanungsrechtlich unzulässigen Campingplatz. Die beigeladene Firma verweist demgegenüber darauf, es handele sich nicht um einen Campingplatz, sondern um einen Kundenparkplatz. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 16.10.2014 nach Einnahme eines Augenscheins die gegen das Landratsamt Enzkreis (Beklagter) als Baugenehmigungsbehörde gerichtete Klage abgewiesen.
Der 3. Senat des VGH hat mit Urteil vom 1. Juni 2016 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zurückgewiesen. Es könne offenbleiben, ob der Bebauungsplan, der ein Gewerbegebiet festsetze, wirksam sei. Gehe man von der Gültigkeit des Bebauungsplanes aus, könne der Kläger die Beachtung der in dem Plan getroffenen Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung beanspruchen, da diesen Festsetzungen nachbarschützende Funktion zu Gunsten der Grundstückseigentümer im Baugebiet zukomme. Eine gebietsfremde Nutzung liege entgegen der Ansicht des Klägers jedoch nicht vor. Bei den genehmigten Wohnmobilstellplätzen mit Technikgebäude handele es sich nicht um einen im Gewerbegebiet unzulässigen Campingplatz.
Als Campingplatz sei ein nicht nur gelegentlich oder nur für kurze Zeit eingerichteter Platz anzusehen, der zum Aufstellen von mehr als drei Wohnwagen, Zelten oder ähnlichen Anlagen, wie beispielsweise Wohnmobilfahrzeugen zum vorübergehenden Aufenthalt bestimmt sei und Erholungszwecken diene. Zwar solle den Kunden der Beigeladenen mit den Wohnmobilstellplätzen sowie der Strom- und Wasserversorgung die Möglichkeit zu einem zeitweiligen Aufenthalt mit Übernachtung in der Freizeit geboten werden. Dabei stehe jedoch nicht die Erholung im Vordergrund. Vielmehr diene der Aufenthalt hauptsächlich dem Zweck, die Wartezeit bis zur Beendigung der Serviceleistungen im eigenen Wohnmobil zu überbrücken. Zudem würden die einzelnen Stellplätze mit einer Breite von lediglich 4 m keinen zur campingplatztypischen Erholung einladenden Freiraum bieten. Auch seien die Versorgungseinrichtungen absichtlich karg gehalten und beschränkten sich auf die Zurverfügungstellung von Strom und Wasser. Darauf, ob sich in der Umgebung des Abstellplatzes touristische Ziele befänden, komme es nicht an, zumal diese von den Kunden nicht angefahren werden könnten, während an ihren Fahrzeugen Servicearbeiten vorgenommen würden.
Gehe man von der Ungültigkeit des Bebauungsplans aus, fehle es jedenfalls an einer Rechtsverletzung des Klägers. Bei einer Ungültigkeit des Bebauungsplans liege das Bauvorhaben der Beigeladenen ebenso wie die Grundstücke des Klägers im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Nachbarschutz stünde dem Kläger in diesem Fall allein mit Blick auf die zu erwartenden Lärmimmissionen zu. Die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts seien eingehalten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Az. 3 S 250/16). Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt.