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Ravensburg: Stadt muss Baugenehmigung für Mobilfunkstation mit 30 m hohem Funkmast an der Hochbergstraße erteilen
Datum: 02.06.2015
Kurzbeschreibung: Die Stadt Ravensburg (Beklagte) ist verpflichtet, der DFMG Deutsche Funkturm GmbH (Klägerin) eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Sende- und Empfangsstation für Mobilfunk mit einem 30 m hohen Funkmast (Vorhaben) auf dem Grundstück Hochbergstraße 2 in der Ravensburger Weststadt in der Fassung geänderter Bauvorlagen vom 21. Januar 2015 zu erteilen. Hinsichtlich früherer Bauvorlagen ist die Ablehnung des Bauantrags jedoch rechtmäßig. Das hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in einem heute verkündeten Urteil entschieden und ein klageabweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Oktober 2012 geändert. Damit hatte die Berufung der Klägerin weitgehend Erfolg.
Bei der Verkündung des Urteils führte der Senatsvorsitzende zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für ihr Vorhaben in der Fassung geänderter Bauvorlagen vom 21. Januar 2015. Diesem Vorhaben stünden keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen.
Das Vorhaben widerspreche zwar dem Bebauungsplan "Weststadt Hochberg I (nördlicher Teil)" der Beklagten vom 30. September 1968. Denn dieser setze für das Baugrundstück eine Fläche für den Gemeinbedarf ("Ortsvermittlungsstelle Post") fest. Damit sei das gewerbliche Vorhaben der Klägerin nicht vereinbar. Die Klägerin habe aber einen Rechtsanspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Die Voraussetzungen dafür seien erfüllt. Das Vorhaben berühre keine Grundzüge der Planung im Plangebiet "Weststadt Hochberg I (nördlicher Teil)" und Gründe des Wohls der Allgemeinheit, und zwar die ausreichende Versorgung mit Mobilfunkleistungen, erforderten die Befreiung. Schließlich sei die Abweichung vom Bebauungsplan auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Das Vorhaben erzeuge insbesondere keine städtebaulichen Spannungen, die nur im Wege einer planerischen Abwägung durch die Gemeinde zu bewältigen wären. Unzumutbare Nachteile für die Nachbarschaft - auch außerhalb des Plangebiets - insbesondere durch schädliche Umwelteinwirkungen seien nicht zu erwarten; einschlägige immissionsschutzrechtliche Anforderungen seien gewahrt. Bei dieser Sachlage stehe die Erteilung einer Befreiung zwar grundsätzlich im Ermessen der Baurechtsbehörde. Gesichtspunkte, die eine Ablehnung der Befreiung aus sonstigen Gründen ermessensfehlerfrei rechtfertigen könnten, seien jedoch nicht ersichtlich. Das Ermessen der Behörde sei daher - im Sinne eines Rechtsanspruchs der Klägerin auf die Befreiung - "auf Null reduziert".
Das nach Maßgabe der Bauvorlagen vom 21. Januar 2015 geringfügig geänderte Vorhaben (Verzicht auf zwei plattformartige Bühnen an der Mastspitze) sei auch mit den bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Abstandsflächen vereinbar. In der Fassung früherer Bauvorlagen (mit den plattformartigen Bühnen an der Mastspitze) seien diese Vorschriften allerdings nicht eingehalten, weshalb das Verwaltungsgericht die Klage insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen habe. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hätten daher die Klägerin ein Sechstel und die Beklagte fünf Sechstel zu tragen.
Das vollständige Urteil mit Gründen wird den Beteiligten schriftlich zugestellt.
Der VGH hat die Revision nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 8 S 634/13).