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Integrierte Leitstelle Tübingen: Berufungen der Krankenkassen gegen Urteil zum Vermittlungsentgelt für DRK erfolglos
Datum: 05.11.2014
Kurzbeschreibung: Die AOK Baden-Württemberg, der Verband der Ersatzkassen und die IKK/BKK Arbeitsgemeinschaft (Beigeladene zu 2 bis 4) können ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart (VG), das die Schiedsstelle für den bodengebundenen Rettungsdienst im Regierungsbezirk Tübingen (Beklagte) verpflichtet, über das dem DRK Kreisverband Tübingen e.V. (Kläger) zustehende Vermittlungsentgelt der integrierten Leitstelle für Rettungsdienst und Feuerwehr im Landkreis Tübingen erneut zu entscheiden, nicht anfechten. Denn sie werden durch dieses Urteil nicht in rechtlich geschützten Interessen sachlich beschwert. Ihre Berufungen gegen das Urteil sind daher unzulässig. Die Berufungen wären bei unterstellter Zulässigkeit aber auch unbegründet. Das hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem nunmehr zugestellten Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. Oktober 2014 entschieden.
Der Kläger ist Träger des Rettungsdienstes im Landkreis Tübingen. Er betreibt mit dem Landkreis Tübingen (Beigeladener zu 1) eine integrierte Leitstelle für Rettungsdienst und Feuerwehr. Die Schiedsstelle für den bodengebundenen Rettungsdienst im Regierungsbezirk Tübingen (Beklagte) setzte das ihm zustehende Entgelt für die Vermittlung eines Rettungsdienst-Einsatzes auf 17,58 Euro fest. Die Leistungserbringer im Rettungsdienst haben dieses Entgelt an den Rettungsdienst-Träger der Leitstelle zu zahlen und verlangen ihrerseits dessen Erstattung von den Krankenkassen. Die Schiedsstelle war bei der Berechnung des Entgelts von einer Kostenaufteilungs-Vereinbarung des Klägers mit dem Landkreis abgewichen und einer allgemeinen Empfehlung zur Kostenaufteilung im Rettungsdienstplan des Landes gefolgt. Der Kläger machte geltend, das Entgelt sei zu niedrig festgesetzt. Das VG gab seiner Klage statt und verpflichtete die Beklagte, erneut über das Vermittlungsentgelt zu entscheiden. Dagegen legten die Beigeladenen zu 2 bis 4 Berufungen ein. Der VGH wies die Berufungen als unzulässig und unbegründet zurück.
Die Berufungen seien unzulässig, weil das angegriffene Urteil die Beigeladenen zu 2 bis 4 nicht beschwere. Allein ihre formale Stellung als Beteiligte des Klageverfahrens und ihre Bindung an ein rechtskräftiges Urteil genügten dafür nicht. Erforderlich sei zusätzlich, dass das Urteil die Beigeladenen zu 2 bis 4 sachlich in rechtlich geschützten Interessen berühre. Daran fehle es. Denn die Beigeladenen zu 2 bis 4 wären nicht verpflichtet, das von der Beklagten festgesetzte Vermittlungsentgelt an die Leistungserbringer im Rettungsdienst zu erstatten. Die Leistungserbringer müssten vielmehr ihren Erstattungsanspruch in Verhandlungen und gegebenenfalls in einem weiteren eigenständigen Schiedsstellenverfahren vor der Beklagten durchsetzen. Die zwischen dem Kläger und dem Beklagten streitige Festsetzung mache dafür keine rechtlich bindenden Vorgaben.
Die Berufungen wären bei unterstellter Zulässigkeit aber auch unbegründet. Denn die Klage sei zulässig und begründet. Der Kläger könne verlangen, dass der Beklagte über die Festsetzung des Vermittlungsentgelts erneut entscheide. Die Schiedsstelle sei zwar nicht strikt an die Vereinbarung des Klägers mit dem Beigeladenen zu 1 über die Aufteilung der Kosten der integrierten Leitstelle gebunden. Vielmehr stehe ihr insoweit ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser Spielraum unterliege aber Grenzen, welche die Schiedsstelle bei ihrer Festsetzung zu Lasten des Klägers überschritten habe. Bei der Festsetzung des Vermittlungsentgelts seien grundsätzlich alle Kosten der Leitstelle im investiven Bereich und im Bereich der laufenden Betriebskosten (Selbstkosten) zu Grunde zu legen. Selbstkosten seien die nach der Vereinbarung über die Kostenaufteilung auf den Rettungsdienst entfallenden Kosten der integrierten Leitstelle. Aufgabe der Schiedsstelle sei es aber auch festzustellen, ob im Einzelfall Sparpotentiale vorhanden seien oder der Feuerwehr zuzuordnende Kosten geltend gemacht werden. Sie dürfe deren Realisierung bzw. Ausbuchung verlangen. Hierbei stehe ihr ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Schiedsstelle werde nunmehr erneut über die Festsetzung des Entgelts zu entscheiden haben.
Der VGH hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (Az.: 6 S 2165/13).