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Privatisierung der Bewährungshilfe in Baden-Württemberg verletzt keine Rechte der beamteten Bewährungshelfer
Datum: 05.02.2013
Kurzbeschreibung: Die gesetzliche Übertragung von Weisungs- und Aufsichtsrechten sowie sonstigen Dienstherrenbefugnissen auf einen freien Träger im Rahmen der Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Baden-Württemberg verletzt keine Rechte der beamteten Bewährungshelfer. Das hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute bekannt gegebenen Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. Januar 2013 entschieden.
Der Kläger ist beamteter Bewährungshelfer im Dienst des Landes Baden-Württemberg (Beklagter). Der Beklagte hat im Rahmen der Privatisierung der Bewährungshilfe eine gemeinnützige GmbH (Beigeladene) mit der Durchführung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Baden-Württemberg beliehen. Grundlage dafür sind das Landesgesetz über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug (LBGS), eine hierzu ergangenen Durchführungsverordnung sowie ein Beleihungs-, Durchführungs- und Dienstleistungsüberlassungsvertrag zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen. Der Kläger sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt. Das Verwaltungsgericht wies seine Feststellungsklage, dass die Überlassung von Weisungs- und Aufsichtsrechten sowie sonstigen Dienstherrenbefugnissen an einen freien Träger seine Rechte verletzt, trotz verfassungsrechtlicher Bedenken ab, nachdem das Bundesverfassungsgericht einen vorangegangenen Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts als unzulässig beschieden hatte. Der VGH hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen.
Der VGH teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichts nicht. Bundesrecht stehe der landesrechtlichen Beleihung eines freien Trägers in Verbindung mit einer Überlassung des Ergebnisses der Dienstleistung der beamteten Bewährungshelfer nicht entgegen. Auch eine besondere verfassungsrechtliche Öffnungsklausel sei hierfür nicht erforderlich. Auf den Funktionsvorbehalt des Grundgesetzes, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, könne sich der Kläger nicht berufen. Denn dieser Vorbehalt diene nicht dem Schutz individueller Beamteninteressen. Das verfassungsrechtliche Gebot, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln, sei nicht verletzt. Die auf gesetzlicher Grundlage und damit demokratisch hinreichend legitimierte Übertragung der Ausübung von Entscheidungsbefugnissen auf einen Nichtdienstherrn sei rechtlich nicht zu beanstanden. Denn dem Land seien als Dienstherrn, dem die Fachaufsicht über die freien Träger bei Erledigung der übertragenen Aufgaben sowie die Dienstaufsicht über die Bewährungshelfer obliege, hinreichende Kontroll- und Eingriffsbefugnisse eingeräumt worden. Dem freien Träger werde nicht “der Beamte“, sondern nur das Ergebnis seiner Dienstleistung überlassen. Das fortbestehende Dienst- und Treueverhältnis zum Land als Dienstherrn werde nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt. Der dem Landesgesetzgeber zustehende Gestaltungsspielraum, das öffentliche Dienstrecht zu modernisieren und an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen, sei nicht verlassen worden. Fehlerhafte Entscheidungen auf Seiten des freien Trägers oder des Dienstherrn könnten im Einzelfall rechtlich überprüft werden.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Sie kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden (Az.: 4 S 2968/11).
Der VGH teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichts nicht. Bundesrecht stehe der landesrechtlichen Beleihung eines freien Trägers in Verbindung mit einer Überlassung des Ergebnisses der Dienstleistung der beamteten Bewährungshelfer nicht entgegen. Auch eine besondere verfassungsrechtliche Öffnungsklausel sei hierfür nicht erforderlich. Auf den Funktionsvorbehalt des Grundgesetzes, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, könne sich der Kläger nicht berufen. Denn dieser Vorbehalt diene nicht dem Schutz individueller Beamteninteressen. Das verfassungsrechtliche Gebot, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln, sei nicht verletzt. Die auf gesetzlicher Grundlage und damit demokratisch hinreichend legitimierte Übertragung der Ausübung von Entscheidungsbefugnissen auf einen Nichtdienstherrn sei rechtlich nicht zu beanstanden. Denn dem Land seien als Dienstherrn, dem die Fachaufsicht über die freien Träger bei Erledigung der übertragenen Aufgaben sowie die Dienstaufsicht über die Bewährungshelfer obliege, hinreichende Kontroll- und Eingriffsbefugnisse eingeräumt worden. Dem freien Träger werde nicht “der Beamte“, sondern nur das Ergebnis seiner Dienstleistung überlassen. Das fortbestehende Dienst- und Treueverhältnis zum Land als Dienstherrn werde nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt. Der dem Landesgesetzgeber zustehende Gestaltungsspielraum, das öffentliche Dienstrecht zu modernisieren und an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen, sei nicht verlassen worden. Fehlerhafte Entscheidungen auf Seiten des freien Trägers oder des Dienstherrn könnten im Einzelfall rechtlich überprüft werden.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Sie kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden (Az.: 4 S 2968/11).