Fremdenverkehrsbeitrag in Baden-Baden rechtswidrig

Datum: 21.11.2008

Kurzbeschreibung: Die Satzung über den Fremdenverkehrsbeitrag in Baden-Baden ist unwirksam. Das hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem jetzt bekannt gegebenen Urteil vom 6.11.2008 entschieden und damit dem Antrag der Betreiberin eines Kaufhauses (Antragstellerin) stattgegeben.

Die Stadt Baden-Baden erhebt zur Deckung der Aufwendungen, die ihr zur Förderung des Fremdenverkehrs entstehen, einen Beitrag. Beitragspflichtig sind alle natürlichen und juristischen Personen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und denen aus dem Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile in Gestalt von Mehreinnahmen erwachsen. Die Stadt hat sich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für eine pauschalierte Vorteilsbestimmung entschieden, die in mehreren Schritten erfolgt. Ausgangspunkt für die Ermittlung des Beitrags sind die Reineinnahmen, zu deren Ermittlung der Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer, der im Erhebungszeitraum in Baden-Baden erzielt wurde, mit einem Richtsatz (Reingewinnsatz) multipliziert wird. Die Richtsätze werden vom Bundesfinanzministerium für das Besteuerungsverfahren herausgegeben; sie sind je nach Wirtschaftszweig unterschiedlich hoch. Der Messbetrag ergibt sich dann aus einer Multiplikation der Reineinnahmen mit einem Vorteilsatz von 5% bis 50 %; der Vorteilsatz orientiert sich an dem Maß, in dem die einzelnen Gewerbe- und Berufsarten vom Fremdenverkehr profitieren. Schließlich ist der Messbetrag mit dem Beitragssatz zu multiplizieren, der in der Innenstadt 3 % und in den anderen Stadtteilen 1,2 % beträgt.

Die satzungsrechtlichen Grundentscheidungen hat der VGH nicht beanstandet. Er hat ausgeführt, dass die von der Stadt gewählte Pauschalierung der Vorteilsbestimmung zulässig sei. Da der Vorteil in den durch den Fremdenverkehr erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten liege, dürften auch Unternehmen herangezogen werden, die keinen Gewinn erwirtschafteten. Die Richtsätze des Bundesfinanzministeriums könnten für die Beitragsbemessung herangezogen werden, da sie sich an den Verhältnissen eines durchschnittlichen Betriebs der betreffenden Branche orientierten. Die Festlegung der Vorteilsätze sei in sich stimmig und bewege sich ebenfalls in dem der Stadt zustehenden Beurteilungsspielraum. Auch für die Geschäfte, die sich in unmittelbarer Nähe des Kurhauses und der Spielbank befänden (sogenannte Kolonnaden) und die durch die Art der angebotenen (Luxus-)Waren und der Sonntagsöffnungszeiten in besonderem Maße vom Fremdenverkehr lebten, müssten keine besonderen Sätze festgelegt werden. Denn es handele sich um eine nur geringe Anzahl von Geschäften, die bei der zulässigen typisierenden Betrachtung nicht ins Gewicht fielen. Die Höhe des Beitragssatzes begegne keinen rechtlichen Bedenken. Das Beitragsaufkommen überschreite nämlich die Aufwendungen der Stadt zur Förderung des Fremdenverkehrs nicht. Vielmehr würden mit dem Aufkommen aus dem Frem-denverkehrsbeitrag in Höhe von ca. 350.000 EUR und dem Aufkommen aus der Kurtaxe in Höhe von ca. 1,4 Mio. EUR nur ein Teil der Aufwendungen von ca. 8,6 Mio. EUR gedeckt, die bei der Stadt für die Herstellung und Unterhaltung der Kur- und Erholungseinrichtungen anfielen.

Der VGH hat demgegenüber gerügt, dass der Kreis der Beitragspflichtigen unter Verstoß gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit abgegrenzt worden ist. So sei die fehlende Einbeziehung der Ärzte und Zahnärzte nicht gerechtfertigt. Auch die Angehörigen dieser Berufsgruppen hätte die Möglichkeit, ortsfremde Personen zu behandeln. Sie zögen damit ebenfalls besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr. Für sie gelte nichts anderes als etwa für Apotheker, Masseure und Krankengymnasten, bei denen die Stadt davon ausgehe, dass ihr Umsatz zu einem nennenswerten Teil fremdenverkehrsbedingt sei. Schließlich fehle auch ein überzeugender Grund, warum bestimmte Gruppen von Bauhandwerkern nicht beitragspflichtig seien. Es sei nicht davon auszugehen, dass bei  diesen der in der Satzung festgelegte Mindestsatz von 40 EUR regelmäßig nicht erreicht werde.


Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils durch Beschwerde zum Bundes-verwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 2 S 669/07).

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