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Klage einer Fachklinik für psychosomatische Medizin gegen Fremdenverkehrsbeitragsbescheid erfolgreich
Datum: 27.08.2010
Kurzbeschreibung: Auch eine Fachklinik für psychosomatische Medizin muss in Bad Mergentheim grundsätzlich einen Fremdenverkehrsbeitrag zahlen. Die Stadt hat aber den ihr bei der Bemessung dieses Beitrags eingeräumten Schätzungsspielraum überschritten. Das hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in einem heute bekanntgegebenen Urteil entschieden und - anders als das Verwaltungsgericht Stuttgart - den Beitragsbescheid der Stadt aufgehoben .
Die Klägerin, eine in Bad Mergentheim ansässige Fachklinik für psychosomatische Medizin mit ca. 70 Betten, wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2000 in Höhe von 6.589,-- EUR. Die Klinik hat sich auf die Behandlung von Essstörungen, Borderline-Störungen und Traumata spezialisiert und vor diesem Hintergrund wird sie in über der Hälfte der Fälle von minderjährigen Patienten aufgesucht. Die Stadt Bad Mergentheim, ein anerkannter Kur- und Heilort, erhebt von allen Selbständigen, denen aus dem Kurbetrieb beson-dere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, zur Förderung ihres Kurbetriebs einen Fremden¬verkehrsbeitrag. Die Höhe des Beitrags bemisst sich danach, in welchem Umfang die Einkünfte des Betreffenden aus dem Kurbetrieb herrühren. Dieser sogenannte Kuranteil wird durch Schätzung ermittelt. Nach der einschlägigen Satzung der Stadt wird der Fremdenverkehrsbeitrag dann in einem zweiten Schritt auf 10 % des Kuranteils festgesetzt. Die Klägerin hat sich gegen den festgesetzten Fremdenverkehrsbeitrag mit der Begründung gewendet, ihr erwüchsen aus dem Kurbetrieb überhaupt keine wirtschaftlichen Vorteile. Im Übrigen habe die Stadt den Kuranteil jedenfalls zu hoch geschätzt. Vor dem Verwaltungsgericht war ihre Klage erfolglos. Dagegen ist der VGH der Argumentation der Klägerin teilweise gefolgt.
Die Beitragspflicht der Klinik werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich die Patienten in erster Linie wegen der fachlichen Kompetenz des ärztlichen Personals und des therapeutischen Umfelds zur Behandlung in die Klinik begeben würden, heißt es in den Entscheidungsgründen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei da-von auszugehen, dass bei einem gewissen Prozentsatz der Patienten - neben der im Vordergrund stehenden fachlichen Kompetenz - die Klinikumgebung und die Kureinrichtungen ein Kriterium für die Auswahlentscheidung darstellten und damit ein Teil der Umsätze der Klägerin auch fremdenverkehrsbedingt erwirtschaftet würden. Dies gelte zunächst für Privatpatienten, die im Vergleich zu Kassenpati-enten eine größere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Klinik hätten. Aber auch bei Kassenpatienten erscheine eine Einflussmöglichkeit der Patienten bzw. ihrer Eltern auf den einweisenden Arzt nicht ausgeschlossen, zumal insbesondere bei der Behandlung psychischer Erkrankungen das Engagement des Patienten und damit auch seine Wünsche wesentlich für den Be¬handlungserfolg seien. Auch die Klinik habe auf ihrer Internetseite - jedenfalls in der Vergangenheit - mit der schönen Umgebung und der idyllisch gelegenen Stadt geworben, deren Vorteile auch für minderjährige Patienten attraktiv seien.
Die Stadt habe allerdings den ihr bei der Schätzung des Fremdenverkehrsbeitrags eingeräumten Spielraum überschritten, so der VGH weiter. Der von ihr angesetzte Kuranteil in Höhe von 30 % hänge mangels greifbarer Anhaltspunkte in der Luft. Zu Recht sei sie zwar davon ausgegangen, dass der überwiegende Teil der Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten der Klinik auf fachlichen Gesichtspunkten und nicht auf dem Kurbetrieb beruhe. Auch habe die Stadt zutreffend erkannt, dass der Klinik im Rahmen der Behandlung von Privatpatienten - im Vergleich zu den Kassenpatienten - in (weitaus) größerem Umfang Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten eröffnet seien, die sich unmittelbar auf den Kurbetrieb zurückführen ließen. Sie habe jedoch nicht ermittelt, welcher Anteil der Einkünfte auf der Behandlung von Privatpatienten und welcher Anteil auf der Behandlung von Kassenpatienten beruht habe. Erst auf der Basis einer solchen konkreten Vorteilsschätzung für jede der beiden „Patientengruppen“ könne jedoch eine plausible und nachvollziehbare Gesamtschätzung des Kuranteils erfolgen.
Der VGH hat die Revision nicht zugelassen (Az.: 2 S 2160/09). Hiergegen hat die Stadt Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben.
Die Beitragspflicht der Klinik werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich die Patienten in erster Linie wegen der fachlichen Kompetenz des ärztlichen Personals und des therapeutischen Umfelds zur Behandlung in die Klinik begeben würden, heißt es in den Entscheidungsgründen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei da-von auszugehen, dass bei einem gewissen Prozentsatz der Patienten - neben der im Vordergrund stehenden fachlichen Kompetenz - die Klinikumgebung und die Kureinrichtungen ein Kriterium für die Auswahlentscheidung darstellten und damit ein Teil der Umsätze der Klägerin auch fremdenverkehrsbedingt erwirtschaftet würden. Dies gelte zunächst für Privatpatienten, die im Vergleich zu Kassenpati-enten eine größere Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Klinik hätten. Aber auch bei Kassenpatienten erscheine eine Einflussmöglichkeit der Patienten bzw. ihrer Eltern auf den einweisenden Arzt nicht ausgeschlossen, zumal insbesondere bei der Behandlung psychischer Erkrankungen das Engagement des Patienten und damit auch seine Wünsche wesentlich für den Be¬handlungserfolg seien. Auch die Klinik habe auf ihrer Internetseite - jedenfalls in der Vergangenheit - mit der schönen Umgebung und der idyllisch gelegenen Stadt geworben, deren Vorteile auch für minderjährige Patienten attraktiv seien.
Die Stadt habe allerdings den ihr bei der Schätzung des Fremdenverkehrsbeitrags eingeräumten Spielraum überschritten, so der VGH weiter. Der von ihr angesetzte Kuranteil in Höhe von 30 % hänge mangels greifbarer Anhaltspunkte in der Luft. Zu Recht sei sie zwar davon ausgegangen, dass der überwiegende Teil der Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten der Klinik auf fachlichen Gesichtspunkten und nicht auf dem Kurbetrieb beruhe. Auch habe die Stadt zutreffend erkannt, dass der Klinik im Rahmen der Behandlung von Privatpatienten - im Vergleich zu den Kassenpatienten - in (weitaus) größerem Umfang Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten eröffnet seien, die sich unmittelbar auf den Kurbetrieb zurückführen ließen. Sie habe jedoch nicht ermittelt, welcher Anteil der Einkünfte auf der Behandlung von Privatpatienten und welcher Anteil auf der Behandlung von Kassenpatienten beruht habe. Erst auf der Basis einer solchen konkreten Vorteilsschätzung für jede der beiden „Patientengruppen“ könne jedoch eine plausible und nachvollziehbare Gesamtschätzung des Kuranteils erfolgen.
Der VGH hat die Revision nicht zugelassen (Az.: 2 S 2160/09). Hiergegen hat die Stadt Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben.