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Verlängerung der Sperrzeit für Gaststätten mit Spielgeräten in Kehl ist unwirksam
Datum: 19.09.2012
Kurzbeschreibung: Die Sperrzeitverordnung der Stadt Kehl zum Schutz der Wohnbevölkerung vor nächtlichen Ruhestörungen durch Gaststätten mit Spielgeräten vom 28.03.2012 ist unwirksam. Die Annahme der Stadt, die Nachtruhe der Wohnbevölkerung im Geltungsbereich der Verordnung werde durch Lärm von "Automatengaststätten" unzumutbar gestört, ist nicht ausreichend nachgewiesen. Das hat der für das Gaststättenrecht zuständige 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem nunmehr den Beteiligten zugestellten Urteil vom 11.09.2012 entschieden. Damit hatten mehrere Normenkontrollanträge von Gaststättenbetreibern und Automatenaufstellern aus Kehl Erfolg.
Gegenstand des Verfahrens war eine gaststättenrechtliche Sperrzeitverordnung, die den Beginn der allgemeinen Sperrzeit (3 Uhr bzw. in der Nacht von Samstag auf Sonntag 5 Uhr) für Gaststätten mit Geldspielgeräten in bestimmten Gebieten mit schutzbedürftiger Wohnbevölkerung von Sonntag bis Donnerstag auf 0 Uhr und in den Nächten von Freitag auf Samstag sowie von Samstag auf Sonntag auf 2 Uhr vorverlegte. Die Stadt sah sich dazu durch eine auffällige Häufung von Beschwerden über nächtliche Belästigungen und Ruhestörungen in der Nachbarschaft innerstädtischer Gaststätten mit Geldspielgeräten veranlasst. Mehrere Gaststättenbetreiber und Automatenaufsteller aus Kehl hatten die Verordnung angegriffen. Sie sahen sich in ihrer Berufsfreiheit verletzt und argumentierten, eine Vorverlegung der Sperrzeit aus Gründen des Lärmschutzes sei nicht gerechtfertigt. Dem ist der VGH gefolgt.
Eine Verlängerung der in der Gaststättenverordnung des Landes Baden-Württemberg bestimmten allgemeinen Sperrzeit sei nur bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse zulässig. Dies erfordere ein erhöhtes lokales Gefahrenpotenzial. Lärmimmissionen könnten als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes ein solches Gefahrenpotenzial darstellen. Ihre Zumutbarkeit beurteile sich nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm). Insoweit genügten subjektive Einschätzungen von Anwohnern nicht. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Lärms seien belastbare Feststellungen zur nächtlichen Lärmsituation im gesamten Geltungsbereich der Verordnung zu treffen, und zwar in der Regel durch schalltechnische Lärmmessungen oder -prognosen. Daran fehle es hier. Die Stadt habe den im Geltungsbereich der Verordnung von Gaststätten ausgehenden Lärm nicht nach den Vorgaben der TA Lärm gemessen oder prognostiziert. Die von ihr lediglich berücksichtigten Anwohnerbeschwerden bezögen sich zudem nur auf ein Fünftel der von der Verordnung betroffenen Gaststätten mit Geldspielgeräten. Außerdem erfasse die Sperrzeitverordnung auch Gaststätten mit nur einem oder zwei Geldspielgeräten, für welche die Stadt nicht einmal ansatzweise ein erhöhtes Gefährdungspotenzial durch Lärm ermittelt habe. Gleiches gelte für die zahlenmäßig überwiegenden "Automatenbistros", bei denen es bislang keine oder nicht gehäuft Anwohnerbeschwerden gegeben habe. Schließlich beziehe die Verordnung auch Gebiete ein, für die unzumutbare Lärmimmissionen derzeit weder nachgewiesen seien noch überhaupt in Frage stünden.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden (Az.: 6 S 937/12 und 6 S 947/12).
Eine Verlängerung der in der Gaststättenverordnung des Landes Baden-Württemberg bestimmten allgemeinen Sperrzeit sei nur bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse zulässig. Dies erfordere ein erhöhtes lokales Gefahrenpotenzial. Lärmimmissionen könnten als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes ein solches Gefahrenpotenzial darstellen. Ihre Zumutbarkeit beurteile sich nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm). Insoweit genügten subjektive Einschätzungen von Anwohnern nicht. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Lärms seien belastbare Feststellungen zur nächtlichen Lärmsituation im gesamten Geltungsbereich der Verordnung zu treffen, und zwar in der Regel durch schalltechnische Lärmmessungen oder -prognosen. Daran fehle es hier. Die Stadt habe den im Geltungsbereich der Verordnung von Gaststätten ausgehenden Lärm nicht nach den Vorgaben der TA Lärm gemessen oder prognostiziert. Die von ihr lediglich berücksichtigten Anwohnerbeschwerden bezögen sich zudem nur auf ein Fünftel der von der Verordnung betroffenen Gaststätten mit Geldspielgeräten. Außerdem erfasse die Sperrzeitverordnung auch Gaststätten mit nur einem oder zwei Geldspielgeräten, für welche die Stadt nicht einmal ansatzweise ein erhöhtes Gefährdungspotenzial durch Lärm ermittelt habe. Gleiches gelte für die zahlenmäßig überwiegenden "Automatenbistros", bei denen es bislang keine oder nicht gehäuft Anwohnerbeschwerden gegeben habe. Schließlich beziehe die Verordnung auch Gebiete ein, für die unzumutbare Lärmimmissionen derzeit weder nachgewiesen seien noch überhaupt in Frage stünden.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden (Az.: 6 S 937/12 und 6 S 947/12).