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Soldatin der Bundeswehr hat Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung
Datum: 07.09.2012
Kurzbeschreibung: Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung der Bundeswehr dient nicht nur zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit von Soldatinnen und Soldaten. Bei einer organisch bedingten Sterilität umfasst sie daher auch medizinische Leistungen für eine künstliche Befruchtung in Form der sogenannten homologen In-vitro-Fertilisation (IVF). Das hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) mit einem jetzt bekanntgegebenen Urteil vom 02.08.2012 entschieden. Damit blieb die Berufung der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wehrbereichsverwaltung Süd in Stuttgart (Beklagte), gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen erfolglos, das der Klage einer Soldatin (Klägerin) auf Kostenübernahme für eine homologe IVF stattgibt.
Die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung sei nicht auf medizinische Leistungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten beschränkt. Sie sei Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der Dienstherr müsse Vorkehrungen treffen, um den angemessenen Lebensunterhalt der Soldatinnen und Soldaten auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheit zu sichern. Diese Verpflichtung sei umfassend. Eine Krankheit sei der regelwidrige, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichende Zustand des Körpers oder des Geistes. Ob die Krankheit die Wehrdienstfähigkeit berühre, sei unerheblich.
Die homologe IVF sei eine zur Behandlung einer Krankheit erforderliche medizinische Leistung. Die organisch bedingte Sterilität stelle einen regelwidrigen Körperzustand dar, der von der generell bestehenden Fortpflanzungsfähigkeit erwachsener Menschen als Normalzustand abweiche. Dieser regelwidrige Körperzustand sei behandlungsbedürftig und therapierbar. Die künstliche Befruchtung ermögliche, die Folgen eines regelwidrigen Körperzustands zu überwinden und der Klägerin zu einem genetisch gemeinsamen Kind mit ihrem Ehemann zu verhelfen. Die von der Beklagten angeführte Allgemeine Verwaltungsvorschrift über den Ausschluss von Maßnahmen der Familienplanung sei nicht anwendbar. Sie genüge nicht dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt. Die Exekutive könne die tragenden Strukturprinzipien der truppenärztlichen Versorgung, zu denen auch wesentliche Einschränkungen medizinischer Leistungen gehörten, nicht selbst regeln. Dies sei allein Sache des parlamentarischen Gesetzgebers
Der VGH hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen (Az: 2 S 786/12). Die Beklagte hat zwischenzeitlich Revision eingelegt.