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Mannheimer Versammlungsverbot: Weiterer Eilantrag des NPD-Kreisverbands Rhein-Neckar auch beim VGH erfolgreich
Datum: 30.04.2012
Kurzbeschreibung: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat dem weiteren Eilantrag des NPD-Kreisverbands Rhein-Neckar gegen das nunmehr an ihn gerichtete sofort vollziehbare Versammlungsverbot der Stadt Mannheim vom 27. April 2012 zu Recht stattgegeben. Das hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) mit soeben bekannt gegebenen erneutem Beschluss vom heutigen Tag entschieden. Er hat damit die Beschwerde der Stadt Mannheim gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zurückgewiesen, der dem Eilantrag des Kreisverbands stattgibt (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts vom 30.04.2012).
Hinreichende Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit seien nicht ersichtlich. Weder aus dem Motto der Versammlung noch aus der Person der Versammlungsleiter und der Redner ergebe sich die erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass Straftaten begangen würden.
Das Versammlungsverbot lasse sich aber auch nicht auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung stützen, soweit die Stadt eine - strafrechtlich irrelevante - Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts befürchte. Die Meinungsfreiheit sei für die freiheitlich demokratische Grundordnung schlechthin konstituierend. Es gelte die Vermutung zugunsten freier Rede. Die Bürger seien frei, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen, solange sie dadurch Rechtsgüter anderer nicht gefährdeten. Die plurale Demokratie des Grundgesetzes vertraue auf die Fähigkeit der Gesamtheit der Bürger, sich mit Kritik an der Verfassung auseinander zu setzen und sie dadurch abzuwehren. Auch die Ablehnung eines bestimmten - etwa fremdenfeindlichen - Gedankenguts durch den ganz überwiegenden Teil der Bevölkerung rechtfertige für sich allein keine Beschränkung der Grundrechte rechtsextremer Demonstranten. Die Meinungsfreiheit finde ihre Grenzen in den allgemeinen Gesetzen, wobei es zur Abwehr kommunikativer Angriffe auf Schutzgüter der Verfassung besondere Strafrechtsnorme gebe, wie §§ 86, 86 a StGB (Propaganda für verfassungswidrige Organisationen), §§ 90 a, b StGB (Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole oder von Verfassungsorganen) und § 130 StGB (Volksverhetzung). Diese Straftatbestände seien grundsätzlich abschließend. Sie ließen den Rückgriff auf den Schutz der öffentlichen Ordnung zur Rechtfertigung eines Versammlungsverbots nicht zu, soweit kein Straftatbestand verwirklicht werde.
Die öffentliche Ordnung sei auch nicht wegen des Datums der Versammlung am 1. Mai unmittelbar gefährdet. Allerdings könne die öffentliche Ordnung gefährdet sein, wenn einer Versammlung an einem symbolträchtigen Datum oder Ort eine spezifische Provokationswirkung zukomme. Das sei hier aber nicht der Fall. Die Veranstaltung einer dem rechtsextremen Spektrum zuzurechnende Partei am 1.-Mai-Feiertag könne zwar bei Teilen der Bevölkerung, gerade angesichts der historischen Prägung Mannheims als Industrie- und Arbeiterstadt und insbesondere in Kreisen der Gewerkschaften, Assoziationen an die Pervertierung und Instrumentalisierung des Feiertags der Arbeiterbewegung durch das nationalsozialistische Regime wecken und als Provokation empfunden werden. Der Antragsteller nehme aber nicht von sich aus auf entsprechende historische Ereignisse Bezug und könne auch nicht in einer Weise damit in Zusammenhang gebracht werden, die ohne weiteres die Einschränkung seiner Grundrechte rechtfertige. Auch sei die Begehung des 1. Mai als gesetzlicher Feiertag keiner bestimmten politischen Richtung oder bestimmten Organisationen vorbehalten. Sie sei damit auch Gruppierungen des rechten Spektrums nicht von vornherein verwehrt. Jedenfalls könne nicht festgestellt werden, dass der Feiertag im Bewusstsein der Bevölkerung eine solche Symbolkraft habe, die angesichts der Geschehnisse im Nationalsozialismus die Einschätzung rechtfertige, die Versammlung des Antragstellers an diesem Tag werde allgemein als bewusste, den öffentlichen Frieden störende Provokation empfunden. Auch das Bundesverfassungsgericht habe bereits über gegen die NPD gerichtete und mit dem Symbolcharakter des 1.-Mai-Feiertags begründete Demonstrationsverbote zu entscheiden gehabt habe, ohne insoweit Anlass für eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu sehen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (Az: 1 S 936/12).
Das Versammlungsverbot lasse sich aber auch nicht auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung stützen, soweit die Stadt eine - strafrechtlich irrelevante - Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts befürchte. Die Meinungsfreiheit sei für die freiheitlich demokratische Grundordnung schlechthin konstituierend. Es gelte die Vermutung zugunsten freier Rede. Die Bürger seien frei, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen, solange sie dadurch Rechtsgüter anderer nicht gefährdeten. Die plurale Demokratie des Grundgesetzes vertraue auf die Fähigkeit der Gesamtheit der Bürger, sich mit Kritik an der Verfassung auseinander zu setzen und sie dadurch abzuwehren. Auch die Ablehnung eines bestimmten - etwa fremdenfeindlichen - Gedankenguts durch den ganz überwiegenden Teil der Bevölkerung rechtfertige für sich allein keine Beschränkung der Grundrechte rechtsextremer Demonstranten. Die Meinungsfreiheit finde ihre Grenzen in den allgemeinen Gesetzen, wobei es zur Abwehr kommunikativer Angriffe auf Schutzgüter der Verfassung besondere Strafrechtsnorme gebe, wie §§ 86, 86 a StGB (Propaganda für verfassungswidrige Organisationen), §§ 90 a, b StGB (Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole oder von Verfassungsorganen) und § 130 StGB (Volksverhetzung). Diese Straftatbestände seien grundsätzlich abschließend. Sie ließen den Rückgriff auf den Schutz der öffentlichen Ordnung zur Rechtfertigung eines Versammlungsverbots nicht zu, soweit kein Straftatbestand verwirklicht werde.
Die öffentliche Ordnung sei auch nicht wegen des Datums der Versammlung am 1. Mai unmittelbar gefährdet. Allerdings könne die öffentliche Ordnung gefährdet sein, wenn einer Versammlung an einem symbolträchtigen Datum oder Ort eine spezifische Provokationswirkung zukomme. Das sei hier aber nicht der Fall. Die Veranstaltung einer dem rechtsextremen Spektrum zuzurechnende Partei am 1.-Mai-Feiertag könne zwar bei Teilen der Bevölkerung, gerade angesichts der historischen Prägung Mannheims als Industrie- und Arbeiterstadt und insbesondere in Kreisen der Gewerkschaften, Assoziationen an die Pervertierung und Instrumentalisierung des Feiertags der Arbeiterbewegung durch das nationalsozialistische Regime wecken und als Provokation empfunden werden. Der Antragsteller nehme aber nicht von sich aus auf entsprechende historische Ereignisse Bezug und könne auch nicht in einer Weise damit in Zusammenhang gebracht werden, die ohne weiteres die Einschränkung seiner Grundrechte rechtfertige. Auch sei die Begehung des 1. Mai als gesetzlicher Feiertag keiner bestimmten politischen Richtung oder bestimmten Organisationen vorbehalten. Sie sei damit auch Gruppierungen des rechten Spektrums nicht von vornherein verwehrt. Jedenfalls könne nicht festgestellt werden, dass der Feiertag im Bewusstsein der Bevölkerung eine solche Symbolkraft habe, die angesichts der Geschehnisse im Nationalsozialismus die Einschätzung rechtfertige, die Versammlung des Antragstellers an diesem Tag werde allgemein als bewusste, den öffentlichen Frieden störende Provokation empfunden. Auch das Bundesverfassungsgericht habe bereits über gegen die NPD gerichtete und mit dem Symbolcharakter des 1.-Mai-Feiertags begründete Demonstrationsverbote zu entscheiden gehabt habe, ohne insoweit Anlass für eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu sehen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (Az: 1 S 936/12).