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Abschiebung nach Kabul nicht grundsätzlich ausgeschlossen; bei Desertion von Taliban kann Anderes gelten
Datum: 21.03.2012
Kurzbeschreibung: Die Abschiebung eines alleinstehenden arbeitsfähigen afghanischen Mannes nach Kabul ist nicht allein schon wegen der Risiken verboten, die sich für ihn aus der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ergeben. Bei Desertion aus einem Ausbildungslager der Taliban kann aber die konkrete Gefahr unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung bestehen und ein Abschiebungsverbot begründen. Das hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) mit Urteilen vom 06.03.2012 in zwei Asylverfahren afghanischer Staatsangehöriger (Kläger) entschieden. Damit hatten Berufungen des Bundesamts für Migration und Flücht-linge (Beklagte) gegen Urteile des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, die die Behörde zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichteten, teilweise Erfolg.
Beim zweiten Kläger, einem aus der Provinz Ghazni stammenden afghanischen Staatsangehörigen, bestehe dagegen ein Abschiebungsverbot nach EU-Recht. Dieser Kläger sei wegen seiner glaubhaften Flucht aus einem Ausbildungslager der Taliban bei einer Rückkehr nach Afghanistan konkret von Folter oder un-menschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung durch die Taliban bedroht. Die Taliban seien als nichtstaatlicher Akteur im Sinne der europarechtlichen Vorschriften zum Abschiebungsschutz anzusehen, gegen den weder der afghanische Staat noch internationale Organisationen in der Lage seien, hinreichenden Schutz zu bieten. Wie spektakuläre Anschläge der letzten Zeit illustrierten, reiche der offenbar gut organisierte und bis in staatliche Strukturen hineinreichende Arm der Taliban auch heute bis nach Kabul.
Die Revision wurde in beiden Verfahren nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az: A 11 S 3177/11 und A 11 S 3070/11).