In dem in der ersten Instanz beim Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe geführten Klageverfahren wollte die AfD gerichtlich feststellen lassen, dass die Bekanntgabe einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zu einem von der AfD vor diesem Gericht geführten Organstreitverfahren bereits am Vorabend der Verkündung an die Mitglieder des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ verfassungsmäßige Rechte der Klägerin verletzt hat. Anlass hierfür war die Praxis des Bundesverfassungsgerichts, den Mitgliedern dieses Vereins seine Presseerklärungen in anstehenden Entscheidungen in Papierform und mit einer sog. Sperrfrist versehen bereits am Vorabend des Verkündungstermins zur Verfügung zu stellen, noch bevor die Beteiligten des Verfahrens selbst über dessen Ausgang informiert wurden. Die AfD sah sich dadurch in verfassungsmäßigen Rechten, insbesondere dem Recht auf ein faires Verfahren und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, und wollte auch Rechte ihrer Vertreter, die sie ebenfalls als verletzt ansah, geltend machen. Das VG hatte die Klage mit Urteil vom 25. August 2022 abgewiesen (s. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts vom 26. August 2022). Den dagegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der VGH mit Beschluss vom 20. Dezember 2022 abgelehnt.
Zur Begründung hat der VGH unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass - was Voraussetzung für eine Berufungszulassung wäre - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des VG bestünden. Verwaltungsgerichte seien nicht dazu berufen, die Rechtsprechung der Verfassungsgerichtsbarkeit zu überprüfen. Akte auch des Bundesverfassungsgerichts, die nicht zur Rechtsprechung gehörten, sondern als Verwaltungstätigkeit des Gerichts einzuordnen seien, könnten zwar unter Umständen durch die Verwaltungsgerichte kontrolliert werden. Das Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung wende sich an die Gerichte auch nicht nur dann, wenn sie Recht sprächen, sondern sei insbesondere auch von den Gerichtsverwaltungen zu beachten, soweit diese auf den Gang eines gerichtlichen Verfahrens Einfluss nähmen. Die Klägerin habe aber weder dargelegt noch sei sonst ersichtlich, dass die als Gerichtsverwaltungsbehörde tätig werdende Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts noch auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens Einfluss nehme, wenn sie - wie hier geschehen - eine Pressemitteilung am Abend und wenige Stunden vor dem Verkündungstermin mit einer Sperrerklärung versehen an einzelne Pressevertreter herausgebe. Die Pressemitteilung werde in der Praxis des Bundesverfassungsgerichts zu einem Zeitpunkt herausgegeben, in dem die Entscheidungsgründe der zu verkündenden Entscheidung bereits abgestimmt seien. Auf die Entscheidungsfindung des Gerichts habe die Praxis der Vorab-Herausgabe einer Pressemitteilung bei diesem Sachstand und in diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr. Auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts habe die Klägerin nicht dargelegt.
Das VG hatte in dem angefochtenen Urteil nicht entschieden, ob die Praxis des Bundesverfassungsgerichts zur Vorab-Herausgabe von Pressemitteilungen in jeder Hinsicht objektiv rechtmäßig ist, weil es der Auffassung war, dass das Bundesverfassungsgericht mit der Vorab-Herausgabe jedenfalls keine auf dem Verwaltungsrechtsweg zu prüfenden subjektiven Rechte gerade der Klägerin verletzt hat. Aus demselben Grund hat auch der VGH nicht darüber entschieden, ob die genannte Praxis des Bundesverfassungsgerichts in vollem Umfang objektiv rechtmäßig ist.
Der Beschluss des VGH ist mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht anfechtbar (14 S 2096/22).