Sachverhalt
Im Jahr 2007 kam es zu einem Großbrand auf dem Gelände einer Verwertungs- und Behandlungsanlage für Leichtschrott, Altfahrzeuge, Elektrogeräte und Altholz in Herbertingen, der erst nach fünf Tagen gelöscht werden konnte. Am Abend des zweiten Brandtages entschloss sich die Einsatzleitung der Feuerwehr zu einem massiven Schaummittelangriff, um den Brand unter Kontrolle zu bekommen. Zum Einsatz kamen große Mengen PFC-haltigen Löschschaums (etwa 130.000 Liter), der nicht vollständig wieder aufgefangen werden konnte und zum Teil in den Boden gelangte. Das Landratsamt Sigmaringen verpflichtete die Betreiberin (eine GmbH) und zwei damalige Geschäftsführer in der Folge zur Sanierung der eingetretenen Verunreinigung des Bodens. Nach einem zuvor erstellen Sanierungsplan sollte eine Dichtwand zur Umschließung des Sanierungsareals errichtet werden und das kontaminierte Grundwasser aus dem umschlossenen Bereich im sog. Pump-and-Treat-Verfahren gereinigt werden.
Der Eilantrag der Betreiberin gegen ihre Heranziehung blieb in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen erfolglos. Den Eilanträgen der beiden Geschäftsführer gab das Verwaltungsgericht statt, weil diese nicht ordnungsgemäß angehört worden seien (Beschluss vom 5. August 2021 - 5 K 3006/20 -). Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Sanierungsanordnung in Bezug auf die Betreiberin voraussichtlich rechtmäßig sei und bei der erfolgten Interessenabwägung das öffentliche Interesse an einer möglichst zeitnahen Aufnahme des Sanierungsbetriebs die entgegenstehenden Belange des Unternehmens überwiege, zumal die Sanierung bis zur Beseitigung des Umweltschadens noch Jahre bis Jahrzehnte dauern werde.
Unter anderem sei die Betreiberin deshalb voraussichtlich für den eingetretenen Schaden verantwortlich zu machen, weil nach Aktenlage vieles dafür spreche, dass zum Zeitpunkt des Brandes ein Verstoß gegen die in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung festgesetzte maximale Lagerhöhe für die Shredderanlage von 8 m vorgelegen habe und weil vor dem Brandereignis die Verpflichtungen aus der Eigenkontrollverordnung zur Dichtheitsprüfung von Abwasserkanälen nicht fristgerecht erfüllt worden seien. Im Einzelnen seien zwar noch Fragen der Verantwortlichkeit für den Schaummitteleinsatz, dessen Zulässigkeit und seine konkrete Durchführung umstritten. Die letztverbindliche Klärung dieser Fragen könne das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren jedoch nicht leisten. Diese müssten ggf. in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden.
Entscheidung des 10. Senats
Die hiergegen erhobenen Beschwerden der Betreiberin (dazu 1.) und des Landes (dazu 2.) haben keinen Erfolg.
1. Der 10. Senat des VGH hat entschieden, dass die Anlagenbetreiberin aller Voraussicht nach als Verursacherin einer schädlichen Bodenveränderung verpflichtet ist, den Boden entsprechend zu sanieren (§ 10 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 3 BBodSchG). Der hierfür erforderliche notwendige Ursachenzusammenhang zwischen einem Verursachungsbeitrag der Anlagenbetreiberin und der eingetretenen schädlichen Bodenveränderung liege voraussichtlich vor, auch wenn das Unternehmen selbst den PFC-haltigen Löschschaum nicht auf sein Betriebsgrundstück aufgebracht habe. Für die Verantwortlichkeit reiche ein maßgeblicher Mitverursachungsbeitrag aus, den die Betreiberin mit Blick auf die vorgeworfenen Verstöße gegen die Vorgaben zur maximalen Haldenhöhe, ihre Prüfpflichten ihrer Abwasseranlagen und der Vermutung, dass sie bestimmte Abfälle ohne Genehmigung gelagert habe, nicht ausgeräumt habe. Für die Bewertung der fachgerechten Durchführung von Brandbekämpfungsmaßnahmen der Feuerwehr komme es auf den Sach- und Kenntnisstand im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidungen der Einsatzleitung an. Dabei sei außerdem zu berücksichtigen, dass der Einsatz des PFC-haltigen Löschschaums zum damaligen Zeitpunkt nicht verboten gewesen sei.
Die von der Betreiberin vorgebrachten Zweifel an der Durchführbarkeit der Sanierung innerhalb des festgesetzten Zeitplans sowie ihre Kritik an einer unzureichenden Bestimmtheit der einzelnen Anordnungen und der fehlenden Verhältnismäßigkeit hat der 10. Senat nicht geteilt. Auch er sieht ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an einem zeitnahen Sanierungsbeginn vor dem Aufschubinteresse der Anlagenbetreiberin.
2. Die vom Land gegen die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Inanspruchnahme der damaligen Geschäftsführer der Anlagenbetreiberin vorgebrachten Argumente haben den 10. Senat ebenfalls nicht überzeugt. Insbesondere sei der vom Verwaltungsgericht festgestellte Anhörungsmangel bislang nicht vollständig geheilt. Die Vollziehung des Sanierungsbescheids gegen die beiden ehemaligen Geschäftsführer bleibe daher vorläufig ausgesetzt.
Die Beschlüsse des VGH sind unanfechtbar (10 S 2801/21 und 10 S 2829/21).