Das Verwaltungsgericht hatte mit Beschluss vom 27. Januar 2022 (4 K 185/22, siehe hierzu Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts vom selben Tag) auf Antrag eines Bürgers Eilrechtsschutz gegen eine versammlungsrechtliche Allgemeinverfügung gewährt, mit der die Stadt die Durchführung unangemeldeter Corona-„Spaziergänge“ auf ihrem Stadtgebiet untersagt. Im Dezember 2021 hatte eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts in dieser Sache noch anders entschieden (Beschluss vom 21. Dezember 2021 - 3 K 4579/21 -, siehe hierzu die entsprechende Pressemitteilung). Zur Begründung wurde im Beschluss vom 27. Januar 2022 ausgeführt, die Stadt sei in der Lage, sich auf die „Spaziergänge“ angemessen vorzubereiten und ausreichende Polizeikapazitäten vorzuhalten, da sie wisse, dass diese jeden Montag stattfänden. Als im Vergleich zu einer Untersagung milderes Mittel könne sie außerdem für sämtliche Versammlungen im Stadtgebiet das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und die Einhaltung bestimmter Mindestabstände zwischen den Teilnehmern anordnen. Dass derartige Anordnungen generell unbeachtet bleiben würden, sei nach den Erfahrungen in der Vergangenheit nicht ersichtlich. Auch erschließe sich nicht, welcher Unterschied in der Gefahrenbeurteilung im Vergleich zu angemeldeten Versammlungen bestehen sollte, wenn aufgrund von Verstößen gegen solche Vorgaben eine Versammlungsauflösung notwendig werde.
Dieser Argumentation ist der 10. Senat des VGH nicht gefolgt. Er hat daher die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und den Eilantrag abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Stadt habe aufgrund von Erfahrungen im Zusammenhang mit früheren „Spaziergängen“, die sich zuletzt auch bestätigt hätten, davon ausgehen dürfen, dass bei diesen die Maskenpflicht bzw. das Abstandsgebot nicht nur vereinzelt nicht eingehalten würden. Hiermit gingen gerade in der derzeitigen, von der sog. Omikron-Welle geprägten Phase der Corona-Pandemie ganz erheblich erhöhte Ansteckungsgefahren einher, die das präventive Verbot unangemeldeter „Montagsspaziergänge“ unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in einer Großstadt wie Karlsruhe rechtfertigten. Beim Vergleich zwischen angemeldeten und unangemeldeten Versammlungen unterscheide sich die Gefahrenbeurteilung erheblich, weil bei ersteren im Vorfeld Kooperationsgespräche stattfänden und ein Hygienekonzept erstellt werden könne sowie durch Versammlungsleiter und Ordner - auch als Ansprechpartner für die Polizei - ersichtlich eine höhere Gewähr für die Einhaltung der Coronaschutzbestimmungen gegeben sei. Mit Blick auf die Erforderlichkeit der Untersagung stelle auch die Möglichkeit, mit größeren Polizeikräften auf die „Spaziergänge“ zu reagieren und diese notfalls aufzulösen, kein gleich effektives Mittel dar. Denn die erhöhten Ansteckungsgefahren wären bei einer Versammlungsauflösung bereits eingetreten, da die Auflösung gerade in Innenstadtlagen voraussehbar mit aus Sicht des Infektionsschutzes uner-wünschten Kontakten einhergehe.
Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar (10 S 236/22).