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Corona-Verordnung: Beschwerde wegen Durchführung von Versammlung in Stuttgart erfolglos

Datum: 15.04.2020

Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschluss von heute eine Beschwerde betreffend die Durchführung von zwei Versammlungen in Stuttgart zurückgewiesen.

Der Antragsteller möchte am 15. und am 18. April 2020 jeweils um 15:30 Uhr Versammlungen in Stuttgart durchführen zu dem Thema „Wir bestehen auf die ersten 20 Artikel unserer Verfassung. Wir bestehen auf Beendigung des Notstandsregimes“. Die Stadt Stuttgart (Antragsgegnerin) teilte dem Antragsteller sinngemäß mit, die Versammlungen seien nach § 3 der Corona-Verordnung der Landesregierung untersagt, und erteilte ihm keine Ausnahmegenehmigung. Den dagegen gerichteten Eilrechtsantrag hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 14.04.2020 - 16 K 1905/20 - abgelehnt.

 

Der 1. Senat des VGH hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung führt er u. a. aus:

 

Die Versammlungen fielen in den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 der Corona-Verordnung. Zwar lägen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 der Corona-Verordnung vor, wonach die zuständigen Behörden „aus wichtigem Grund“ Ausnahmen von dem Verbot aus § 3 Abs. 1 der Verordnung zulassen könnten. Bei verfassungskonformer Auslegung sei die Absicht des Antragstellers, seine grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit wahrzunehmen, als „wichtiger Grund“ anzusehen.

Er habe jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass das der Antragsgegnerin eröffnete Ermessen dahingehend reduziert sei, dass sie verpflichtet sei, eine Ausnahme zuzulassen.

 

Insbesondere sei die Versagung einer Ausnahmegenehmigung nicht unverhältnismäßig. Die Antragsgegnerin bezwecke den Schutz von Leib und Leben von Menschen, mithin überragend wichtiger Rechtsgüter. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei geeignet und erforderlich, diesen Zweck zu erreichen. Sie sei jedenfalls derzeit auch noch verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen). Der Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG sei außerordentlich schwerwiegend. Mit der Versagung der Ausnahmegenehmigung verfolge die Antragsgegnerin allerdings in der gegenwärtigen Pandemie in Kenntnis des Umstandes, dass es derzeit noch keine Impfstoffe oder sicher wirkende Medikamente gegen die Krankheit gebe, mit dem Schutz von Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen ebenfalls gewichtige Ziele. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ihre Vorgehensweise auf eine Verordnung gestützt sei, deren zeitliche Geltung begrenzt sei, deren Rechtfertigung der Verordnungsgeber zudem von Verfassungs wegen unter ständiger engmaschiger Kontrolle zu halten habe. Die derzeitige Staatspraxis genüge erkennbar dieser Verpflichtung. Bei diesem Sachstand und den vom Verordnungsgeber im Blick gehaltenen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, das ausgehend von dem derzeitigen virologischen Erkenntnisstand nach wie vor dringend dazu rate, sich im öffentlichen Raum maximal mit einer weiteren Person aufzuhalten und Menschenansammlungen gänzlich zu meiden, erweise sich die Versagung einer Ausnahmegenehmigung für die Durchführung von zwei Versammlungen unter freiem Himmel mit jeweils 50 Personen gegenwärtig nicht als unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit.

 

Der Beschluss vom 15. April 2020 ist unanfechtbar (Az. 1 S 1078/20).

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