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Abschiebung eines afghanischen Staatsangehörigen gestoppt

Datum: 22.02.2017

Kurzbeschreibung: Der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg hat mit soeben den Beteiligten per Fax zugestelltem Beschluss die für den heutigen Abend geplante Abschiebung eines türkisch-afghanischen Staatsangehörigen nach Kabul gestoppt.

Der Antragsteller ist im Besitz der türkischen und der afghanischen Staatsangehörigkeit. Er reiste im Herbst 2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein und betrieb erfolglos ein Asylverfahren. Einen Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Dezember 2016 ab. Das Klageverfahren ist derzeit beim Verwaltungsgericht Karlsruhe anhängig, ein Eilantrag gegen das Bundesamt wurde dort mit Beschluss vom 18. Januar 2017 abgelehnt.

 

Der Antragsteller hat gemeinsam mit einer türkischen Staatsangehörigen zwei minderjährige Kinder, die ebenfalls türkische Staatsangehörige sind. Der 14jährige Sohn ist schwerbehindert und leidet an einer psychomotorischen Entwicklungs- sowie an einer Sprachstörung. Weder die Mutter noch die Kinder sind im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland.

 

Mit dem heutigen Beschluss hat der Verwaltungsgerichtshof eine gegenteilig lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2017 geändert und dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Abschiebung vorläufig untersagt. Zur Begründung führt der 11. Senat des VGH in seinem Beschluss aus, es stehe dem Antragsteller aus dem Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG ein Duldungsgrund (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) zur Seite. Bei einer Abschiebung nach Afghanistan wäre angesichts der aktuellen gerichtsbekannten Lage in Afghanistan sorgfältig zu prüfen gewesen, welche voraussichtliche Dauer dann eine Trennung von den Kindern als Folge der Abschiebung haben könnte. Eine solche Prüfung sei unmittelbar verfassungsrechtlich vorgegeben, was aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge. Dass eine solche Prüfung durch das Regierungspräsidium vorgenommen worden sein könnte, sei nicht ersichtlich. Bei dieser erforderlichen Bewertung wäre auch der Frage nachzugehen, welche Gründe dafür maßgeblich seien, die Abschiebung gerade zum jetzigen Zeitpunkt und gerade nach Afghanistan - und nicht etwa in die Türkei - durchzuführen. Gründe von hinreichendem Gewicht seien für den Senat nicht erkennbar und seien auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller derzeit nicht über einen gültigen türkischen Reisepass verfüge, genüge als Rechtfertigung nicht.

 

Der Beschluss vom 22. Februar 2017 ist unanfechtbar (11 S 468/17).

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