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Stadt Schorndorf: Bebauungsplan "Weiler Ortskern und Bronnbach - Baugebiet Schölleräcker“ ist unwirksam; Stadt hat Verkehrslärm unzureichend ermittelt

Datum: 24.08.2015

Kurzbeschreibung: Der Bebauungsplan "Weiler Ortskern und Bronnbach Planbereich 48/26 und 56/06 - Baugebiet Schölleräcker“ der Großen Kreisstadt Schorndorf (Antragsgegnerin) vom 5. Juni 2014 nebst örtlichen Bauvorschriften ist unwirksam. Die Stadt hat die durch den Kfz-Verkehr auf der Haupterschließungsstraße des neuen Baugebiets zu erwartenden Verkehrslärm-Immissionen nicht hinreichend ermittelt. Dieser Fehler führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans und der zugehörigen örtlichen Bauvorschriften. Das hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. März und 23. Juli 2015 entschieden. Das bereits am 23. Juli 2015 verkündete und nunmehr vollständig abgefasste Urteil ist den Beteiligten in der vergangenen Woche zugestellt worden.

Der Bebauungsplan setzt für einzelne bebaute und im Übrigen unbebaute Flächen im Ortsteil Weiler der Antragsgegnerin ein allgemeines Wohngebiet fest. Das Plangebiet wird im Norden von der Einsteinstraße und im Osten von der Ringstraße begrenzt. Als Haupterschließungsstraße dient die Röntgenstraße, für deren im Wesentlichen zentralen Verlauf durch das Plangebiet eine neue Straßenverkehrsfläche festgesetzt wird. Nach einer von der Antragsgegnerin eingeholten verkehrsplanerischen Stellungnahme sei mit 454 Kfz-Fahrten/Werktag aus dem Baugebiet zu rechnen, die alle über die Röntgenstraße in die Kelterstraße führten. Der Eigentümer eines bebauten Grundstücks im Plangebiet (Antragsteller) wandte mit seinem Normenkontrollantrag u.a. ein, das Ausmaß der durch die Planung verursachten Verkehrslärm-Immissionen sei nicht hinreichend ermittelt worden. Der VGH ist dieser Auffassung gefolgt.

Die Antragsgegnerin habe gegen ihre im Baugesetzbuch verankerte Pflicht verstoßen, bei der Aufstellung eines Bauleitplans die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, zu ermitteln und zu bewerten. Setze ein Bebauungsplan neben einem Wohngrundstück eine neue Straßenverkehrsfläche fest, sei regelmäßig zu ermitteln, welche Schallimmissionen konkret zu erwarten seien. Dem Gemeinderat der Antragsgegnerin habe beim Beschluss des Bebauungsplans aber keine verlässliche Abschätzung der Verkehrslärm-Immissionen vorgelegen. Dieser Ermittlungsfehler sei für die Wirksamkeit des Bebauungsplans beachtlich, da er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sei. Denn es bestehe die konkrete Möglichkeit, dass die Planung ohne diesen Mangel anders ausgefallen wäre. Eine erst während des Normenkontrollverfahrens von der Antragsgegnerin eingeholte schalltechnische Untersuchung zeige zwar, dass der prognostizierte Verkehrslärm gesetzliche Grenzwerte und städtebauliche Orientierungswerte nicht überschreiten würde. Es stehe aber jedem Plangeber frei, im Rahmen der Abwägung auch ein höheres Maß an Schutz vor Verkehrslärm-Immissionen zu gewähren. Da sich der Gemeinderat mit dem Verkehrslärm nicht hinreichend beschäftigt habe, sei jedoch nicht erkennbar, welches konkrete Maß an Verkehrslärm-Immissionen er im Plangebiet für zumutbar gehalten habe. Zudem bestünden Zweifel, ob die in der verkehrsplanerischen Stellungnahme und in der schalltechnischen Untersuchung zugrunde gelegte Anzahl von Kfz-Fahrten richtig sei.

Der Ermittlungsfehler sei auch weiterhin rechtlich beachtlich, weil der Antragsteller ihn rechtzeitig innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Stadt geltend gemacht habe. Da sich der Ermittlungsfehler auf die gesamte Erschließung und/oder die Ausrichtung und Dimensionierung der überbaubaren Flächen im Plangebiet auswirke, führe er zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans und auch der zusammen mit diesem beschlossenen örtlichen Bauvorschriften.

Der VGH hat eine Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann binnen eines Monats nach der Zustellung des Urteils durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 8 S 538/12).

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