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Ohne vorherige Zulassung dürfen italienische Pflanzenschutzmittel im Obstanbau nicht verwendet werden
Datum: 19.08.2003
Kurzbeschreibung:
Mit seinem heute verkündeten Urteil entschied der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, dass die italienischen Pflanzenschutzmittel Oliocin, Micene DF und Torpedo 80 WP im deutschen Obstanbau nur verwendet werden dürfen, wenn sie zuvor vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hierfür zugelassen wurden.
Der Kläger, ein Obstbauer aus Eriskirch, hatte als Mitglied einer Einkaufsgemeinschaft in einem Musterverfahren beim Verwaltungsgericht Sigmaringen gegen eine Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen geklagt, mit der ihm - wie gleichlautend den anderen etwa 50 Mitgliedern seiner Einkaufsgemeinschaft - untersagt wurde, zuvor drei von ihm aus Italien bzw. aus der Schweiz bezogene, italienische Pflanzenschutzmittel anzuwenden oder in den Verkehr zu bringen. Das Regierungspräsidium hatte seine Entscheidung damit begründet, dass die drei italienischen Pflanzenschutzmittel in Deutschland weder zugelassen noch mit deutschen Pflanzenschutzmittel identisch seien. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte diese Ansicht bestätigt und die Klage abgewiesen. Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung begehrte der Kläger neben der Aufhebung der Verfügung hilfsweise auch die Feststellung, dass die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums rechtswidrig gewesen sei. Der 4. Senat wies die Berufung des Kläger mit folgenden Erwägungen zurück:
Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen stehe sowohl mit dem deutschen Pflanzenschutzgesetz als auch mit Europarecht in Einklang. Insbesondere führe sie nicht zu einer Verletzung des freien Warenverkehrs in der Europäischen Gemeinschaft. Einfuhrverbote und -beschränkungen, wie hier die gesonderten Zulassungserfordernisse, seien zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen gerechtfertigt. Zu diesem Zweck schreibe die sogenannte Pflanzenschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaften für jedes Pflanzenschutzmittel ein nationales Zulassungsverfahren vor, um Gefahren abzuwehren, die von ungeprüften Pflanzenschutzmitteln für den Menschen, die Tiere und die Umwelt ausgehen können. Auch die vom Kläger bezogenen italienischen Pflanzenschutzmittel bedürften daher grundsätzlich einer gesonderten Zulassung für die Bundesrepublik Deutschland. Eine Ausnahme hiervon sei nur möglich, wenn die italienischen Pflanzenschutzmittel mit deutschen Pflanzenschutzmitteln, die hier über eine Zulassung verfügten, identisch seien. Denn dann seien die von den Pflanzenschutzmitteln ausgehenden Risiken bereits hinreichend überprüft.
Wie zuvor schon das Verwaltungsgericht Sigmaringen kam auch der 4. Senat zu dem Ergebnis, dass die drei italienischen Pflanzenschutzmittel Oliocin, Micene DF und Torpedo 80 WP mit in Deutschland bereits zugelassenen Mitteln nicht identisch seien. Vollständige Identität setze nämlich voraus, dass die Pflanzenschutzmittel sowohl hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihrer Wirkungen im wesentlichen gleich seien, als auch - zumindest mittelbar - von demselben Hersteller herrührten, entschied der 4. Senat im Anschluss an eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Damit folgte er ausdrücklich nicht einer im November 2002 ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der Herstelleridentität neben Wirkstoff- und Wirkungsidentität nicht für erforderlich gehalten hatte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Az. 4 S 1095/02).