Gebühr für die Einbürgerung in Höhe von 255 EUR verfassungsgemäß

Datum: 26.11.2003

Kurzbeschreibung: 


Der für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständige 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat im Urteil vom 13.8.2003 entschieden, dass die Gebühr von 255,-- EUR für Einbürgerungen wegen der außerordentlichen Bedeutung des Erwerbs der staatsbürgerlichen Rechte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Höhe der Einbürgerungsgebühr war bereits rechtspolitisch umstritten: Für ausländische Kinder, die am 1.1.2000 das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, bestand nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 1999 unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Einbürgerung, den sie bis zum 31.12.2000 geltend machen mussten (§ 40b StAG). Von dieser Möglichkeit machten die betroffenen Eltern nur sehr zögerlich Gebrauch; bis zum Ablauf der Antragsfrist wurde nur für 30.000 der etwa 280.000 Berechtigten ein Einbürgerungsantrag gestellt. Als ein wesentlicher Grund für die niedrigen Antragszahlen wurde die Einbürgerungsgebühr in Höhe von damals 500,-- DM angesehen. Daher brachten die Regierungsfraktionen im Jahre 2001 einen Gesetzentwurf ein, wonach die Antragsfrist auf 31.12.2002 verlängert und die Einbürgerungsgebühr in allen Fällen der selbständigen Einbürgerung von Kindern auf 100,-- DM abgesenkt werden sollte (Bundestagsdrucksache 14/5335). Diesem Gesetz hat der Bundesrat jedoch die Zustimmung verweigert (Bundesratsdrucksache 280/01).

Die 1990 und 1996 geborenen Kläger, deren Eltern italienische Staatsangehörige sind, beantragten im Februar 2000 ihre Einbürgerung; ihre Eltern stellten keine Einbürgerungsanträge. Das Landratsamt gab den Anträgen der Kläger im September 2000 statt und setzte eine Gebühr von 1.000,-- DM (500,-- DM pro Kind) fest. Die Kläger erhoben Widerspruch und erklärten, dass sie die Einbürgerung wegen der Höhe der Einbürgerungsgebühr nicht mehr wahrnehmen wollten; nachdem das Landratsamt darauf hingewiesen hatte, dass auch für die Rücknahme der Einbürgerungsanträge eine Gebühr von 375,-- DM pro Kind fällig werde, beschränkten die Kläger den Widerspruch auf die Gebührenfestsetzung. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch zurück. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat demgegenüber das beklagte Land dazu verpflichtet, über den Antrag auf Ermäßigung der Einbürgerungsgebühr erneut zu entscheiden. Der tatsächliche Verwaltungsaufwand könne eine Gebühr in dieser Höhe nicht rechtfertigen, zumal hier die beiden Anträge gemeinsam hätten bearbeitet werden können. Außerdem widerspreche eine Gebühr für die Einbürgerung von Kindern in Höhe von 500,-- DM den Intentionen der Staatsangehörigkeitsreform von 1999. Dieser Auffassung ist der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus folgenden Gründen nicht gefolgt:

Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gezwungen, Gebühren für staatliche Leistungen allein nach dem Prinzip der Kostendeckung zu bemessen. Vielmehr dürfe die Gebühr auch nach dem Nutzen der staatlichen Leistung für den Empfänger bemessen werden, soweit ihre Höhe die tatsächlichen Verwaltungskosten nicht „allzu weit“ übersteige. Diesen Bemessungskriterien genüge die allgemeine Einbürgerungsgebühr von 255,-- EUR. Zwar entstünden Schätzungen der Länder zufolge bei Einbürgerungen der hier vorliegenden Art durchschnittliche Verwaltungskosten von nur 200,-- DM bzw. 250,-- DM, so dass die Einbürgerungsgebühren den mit der Einbürgerung verbundenen Kostenaufwand um mehr als das Doppelte überschritten. Gleichwohl sei die Einbürgerungsgebühr angesichts der außerordentlichen Bedeutung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit für den Eingebürgerten gerechtfertigt. Mit dem Statuserwerb sei das Recht zur Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen und ein uneingeschränktes Aufenthaltsrecht verbunden; außerdem könne sich der Eingebürgerte auf diejenigen Grundrechte berufen, die nur Deutschen vorbehalten seien. Der Vorteil dieser staatsbürgerlichen Rechte sei für alle Eingebürgerten gleich. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Gebühr für die verschiedenen Einbürgerungstatstände und bei möglicherweise verschiedenem Verwaltungsaufwand einheitlich 255,-- EUR betrage. Die Kläger könnten schließlich auch nicht eine - vom Gesetz vorgesehene - Gebührenermäßigung oder -befreiung aus „Gründen der Billigkeit“ verlangen. Eine finanzielle Härte hätten sie nicht geltend gemacht. Es stelle auch keine vom Gesetzgeber nicht gewollte Härte in der Sache dar, dass die Gebühr auch bei der selbständigen Einbürgerung von Kindern 255 EUR betrage. Zwar habe die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts von 1999 bezweckt, in Deutschland aufwachsenden Kindern ausländischer Eltern aus integrationspolitischen Gründen einen möglichst frühzeitigen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu ermöglichen. Der Gesetzgeber habe dieses rechtspolitische Ziel jedoch gerade nicht durch eine Herabsetzung der Einbürgerungsgebühr flankiert und der in diese Richtung gehende Änderungsentwurf der Regierungsfraktionen aus dem Jahre 2001 sei gescheitert.

Das Urteil ist rechtskräftig geworden (Az.: 13 S 1167/02).





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