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Flüchtlinge aus Nordkorea müssen Schutz vor Verfolgung in Südkorea suchen
Datum: 18.07.2005
Kurzbeschreibung:
Alle Nordkoreaner besitzen zugleich die Staatsangehörigkeit Südkoreas (Doppelstaater), das auch bereit ist, sie als solche unter zumutbaren Bedingungen aufzunehmen und Schutz vor Verfolgung durch Nordkorea zu gewähren; nordkoreanische Flüchtlinge haben daher grundsätzlich keinen Anspruch auf Gewährung von Schutz in Deutschland. Diese Feststellung hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) im Urteil vom 3.6.2005 getroffen.
Der Kläger ist nach seinen Angaben Staatsangehöriger der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea). Er stellte im August 2001 Antrag auf Gewährung von Asyl und Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, weil ihm Verfolgung durch den nordkoreanischen Staat drohe. Das Verwaltungsgericht hat den ablehnenden Bescheid des zuständigen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestätigt, weil dem Kläger nicht geglaubt werden könne, dass er tatsächlich aus Nordkorea und nicht aus dem chinesischen Grenzgebiet stamme. Er habe nämlich völlige Unkenntnis über die Verhältnisse in Nordkorea gezeigt und die von ihm vorgelegte nordkoreanische Geburtsurkunde sei unecht. Der VGH hat nunmehr die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil mit folgenden Erwägungen zurückgewiesen:
Es könne letztlich offen bleiben, ob der Kläger aus Nordkorea stamme. Hierfür spreche allerdings vieles, weil die nordkoreanische Geburtsurkunde nach Mitteilung des Auswärtigen Amtes echt sei und solche Urkunden auch nicht von China aus beschafft werden könnten. Jedenfalls sei der Kläger - wie grundsätzlich alle nordkoreanischen Flüchtlinge - darauf verwiesen, Schutz vor Verfolgung durch Nordkorea in der Republik Korea (Südkorea) zu suchen. Südkorea gehe davon aus, dass nach wie vor ein einheitliches Staatsgebiet bestehe, das auch Nordkorea umfasse; anknüpfend an diese territoriale Definition seien alle Bürger Nordkoreas automatisch ohne Einbürgerung (auch) Staatsangehörige Südkoreas. Der Senat hebt hervor, dass diese staatsangehörigkeitsrechtliche Situation derjenigen entspreche, die in Deutschland vor der Wiedervereinigung bestanden habe. Die Erstreckung der südkoreanischen Staatsangehörigkeit auf die Bürger Nordkoreas sei völkerrechtlich anerkannt, wie das Auswärtige Amt auf Anfrage mitgeteilt habe.
Südkorea nehme nordkoreanische Staatsangehörige auch tatsächlich als eigene Bürger auf. Der Aufnahme sei ein Prüfungsverfahren vorgeschaltet, mit dem Südkorea vor allem ausschließen wolle, dass ethnische Koreaner aus dem chinesischen Grenzgebiet oder nordkoreanische Agenten einreisten; Voraussetzung für eine Aufnahme sei ferner die Freiwilligkeit der Einreise um zu verhindern, dass Nordkorea diese propagandistisch als Verschleppung verwerte. Den nordkoreanischen Flüchtlingen könne zugemutet werden, dieses Aufnahmeverfahren, das in der südkoreanischen Auslandsvertretung stattfinde, zu durchlaufen und dabei ihre Bereitschaft zur freiwilligen Einreise nach Südkorea zu erklären. Sie seien in Südkorea auch hinreichend sicher vor Verfolgung durch Nordkorea. Das Auswärtige Amt habe mitgeteilt, dass ihnen dort keine Gefahr durch nordkoreanische Sicherheitsdienste drohe, sofern es sich nicht um Funktionäre der nordkoreanischen Arbeiterpartei oder übergelaufene Angehörige des Militärs handle, was bei dem Kläger nicht der Fall sei. Auch sei ausgeschlossen, dass Südkorea nordkoreanische Flüchtlinge direkt oder über ein Drittland wie etwa China nach Nordkorea „ausliefere“. Schließlich müssten Nordkoreaner nicht befürchten, dass sie in Südkorea in eine ausweglose, existenzgefährdende Lage geraten könnten. Im Gegenteil werde ihre Eingliederung in die südkoreanische Gesellschaft intensiv gefördert; unter anderem erhalte nach Pressemitteilungen jeder Erwachsene 23.000 Dollar als Starthilfe sowie 375 Dollar pro Monat als Unterstützung und zudem eine Wohnung. Dass Südkorea ein geeigneter Zufluchtsstaat sei, zeige auch die ständig anschwellende Zahl dort ankommender nordkoreanischer Flüchtlinge.
Die Revision wurde nicht zugelassen; der Kläger hat noch die Möglichkeit, hiergegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzulegen (Az.: A 8 S 199/04).