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Pressemitteilung über die Geschäftstätigkeit im Jahr 2006

Datum: 08.03.2007

Kurzbeschreibung: Allgemeiner Überblick Kontinuierlich steigende Eingänge beim Verwaltungsgerichtshof und ein Ende der Talfahrt in der Geschäftsentwicklung bei den Verwaltungsgerichten prägen die Situation der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Jahreswechsel 2006/2007. Während der Verwaltungsgerichtshof über das ganze Jahr 2006 hinweg einen Zuwachs von 10 % der Verfahren zu verzeichnen hatte, entstand bei den Verwaltungsgerichten erst im Dezember 2006 eine neue Prozesslawine. Bis Ende Februar 2007 sind dort insgesamt 2.748 Klagen wegen Studiengebühren eingegangen. Die Bugwelle ist aber noch nicht erreicht. Wegen noch offener Rechtsmittelfristen sind weitere Verfahren bis Ende März zu erwarten. Schließlich muss sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine weitere große Zahl von Klagen in diesem Jahr einstellen, da die Studierenden vermutlich den Erlass von Studiengebühren einklagen bzw. sich gegen Exmatrikulationen wenden werden.


1. Geschäftsentwicklung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Die Eingänge beim Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2006 erreichten die Marke von 4.529 Verfahren und lagen damit um 10 % höher als im Jahr zuvor. Auf die allgemeinen Verfahren entfiel ein Zuwachs von 9 % und auf die Asylverfahren ein solcher von 12 %. Im Übrigen fielen mehr Rechtsmittelverfahren im Abgaben-, im Dienstrecht, bei den Sportwetten und bei den ausländischen Fahrerlaubnissen an.


Die Erledigungen beim Verwaltungsgerichtshof sind trotz eines halben Richters weniger um fast 5 % gestiegen, konnten aber mit den Eingängen nicht Schritt halten, so dass auch der Bestand zugenommen hat. Dies betrifft vor allem Asylsachen; die Entscheidungen von Großverfahren, wie etwa „Stuttgart 21“, band soviel Richterarbeitskraft, dass die Bearbeitung anderer Verfahren zurückgestellt werden musste.

Der Verwaltungsgerichtshof ist mit seinen Verfahren auf dem Laufenden, wie die durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten belegen, mit denen er bundesweit mit an der Spitze liegt. In etwas mehr als einem halben Jahr (6,9 Monate) sind Rechtsmittel in allgemeinen Verwaltungsrechtsverfahren (gegenüber 7,5 Monaten im Vorjahr) und in 4,5 Monaten sind Rechtsmittel in Asylsachen erledigt. In den erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren lag die durchschnittliche Verfahrensdauer im Jahr 2006 bei nur 9,9 Monaten. Hier ist die Verfahrensdauer gegenüber dem Vorjahr sogar um fast zwei Monate gesunken.

Von den etwa 500 Berufungen, die 2006 anhängig wurden, waren fast ein Fünftel (19 %) von den Verwaltungsgerichten direkt zugelassen worden, in den übrigen Fällen war der beim Verwaltungsgerichtshof gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung erfolgreich. Solchen Anträgen auf Zulassung der Berufung war bei allgemeinen Verfahren in 21,7 % und in Asylverfahren in 12,8 % der Fälle ein Erfolg beschieden. Die in Asylverfahren im Vergleich zum vorangegangenen Jahr 2005 (4 %) sehr hohe Erfolgsquote von 12,8 % betraf vor allem Fälle irakischer Staatsangehöriger.

Zur Korrektur des erstinstanzlichen Urteils kam es bei 16,8 % der Berufungen in allgemeinen Rechtsgebieten. Von den Beschwerden in diesem Bereich waren 7,9 % erfolgreich.

2. Geschäftsentwicklung bei den Verwaltungsgerichten des 1. Rechtszuges

Bei den vier Verwaltungsgerichten im Land sind im Jahr 2006  5 % mehr allgemeine Verfahren anhängig geworden wie im Jahr zuvor. Dagegen verstärkte sich die rückläufige Tendenz bei den Asylverfahren von 29 % auf 35 %. Die geringere Belastung in der Zahl der Asylverfahren wird kompensiert dadurch, dass die im Jahr 2006 anhängig gewordenen Asylsachen schwieriger und aufwendiger sind. In den meisten Fällen wird politische Verfolgung in der Türkei geltend gemacht; diese Verfahren gelten als rechtlich und tatsächlich schwierig.

Der Anstieg in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen ist vornehmlich darauf zurückzuführen, dass im Dezember 2006 bereits Klagen gegen Studiengebühren in großer Zahl eingegangen sind. Diese sind mittlerweile bis Ende Februar 2007 auf 2.748 Verfahren angewachsen.

Das „Auftragsvolumen“ aus 2006 ist bei den Verwaltungsgerichten mit insgesamt acht Richtern weniger zu erledigen. Während im Jahr 2005 noch 142 Richter bei den Verwaltungsgerichten tätig waren, waren es im Jahr 2006 nur noch 134.

Die Erledigungsquote bei den Verwaltungsgerichten lag erfreulicherweise deutlich höher als die Eingangsquote, so dass der Bestand anhängiger Verfahren um über 20 % abgenommen hat.

Die Verwaltungsgerichte erbringen zeitnah gerichtlichen Rechtsschutz. Die durchschnittliche Verfahrensdauer in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen lag bei 9,6 Monaten (9,1 im Jahr 2005). In Asyl-Hauptsacheverfahren lag sie mit 12,8 Monaten etwas darüber, was aber mit Blick auf den hohen Aufklärungsbedarf von schwierigen Asylländern, wie etwa der Türkei, zu begründen ist. Eilverfahren wurden bei den Verwaltungsgerichten durchschnittlich in weniger als zwei Monaten (1,9 in allgemeinen Sachen) bzw. in zwei Monaten (Asylsachen) erledigt.

3. Personalsituation

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat in acht Jahren ein Viertel ihrer Stellen verloren. Während im Jahr 1998 in der Verwaltungsgerichtsbarkeit noch 415  Richter, Beamte und Angestellte beschäftigt waren, waren es im Jahr 2006 nur noch 314. Im richterlichen Bereich sind in diesem Zeitraum 22 % der Stellen abgebaut worden (von 223 im Jahr 1998 auf 175 im Jahr 2006).

4. Studiengebührklagen

Bis Ende Februar 2007 sind bei den Verwaltungsgerichten insgesamt 2.748 Klagen gegen Studiengebühren anhängig geworden. Beim Verwaltungsgericht Stuttgart sind 1.800, beim Verwaltungsgericht Freiburg 549, beim Verwaltungsgericht Karlsruhe 226 und beim Verwaltungsgericht Sigmaringen 173 Verfahren eingegangen. Wegen noch offener Rechtsmittelfristen wird mit weiteren Klageeingängen gerechnet. Überdies werden  im Laufe dieses Jahres Klagen auch auf Erlass von Studiengebühren erwartet.

5. Kundenbefragung

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vergangenen Jahr nicht nur viele Urteile gesprochen, sondern sich auch dem Urteil seiner „Kunden“, der Rechtsanwälte und Behördenvertreter gestellt. Die von einer Projektgruppe am Verwaltungsgerichtshof selbst entwickelte, durchgeführte und nunmehr vollends ausgewertete Kundenbefragung erstreckte sich zudem auf die vier Verwaltungsgerichte im Land, die mit dem Verwaltungsgerichtshof als Rechtsmittelgericht zu tun haben. Erstmals in einer Kundenbefragung eines Gerichts wurden damit auch die Richterinnen und Richter der ersten Instanz in gewisser Weise als „Kunde“ ihres Rechtsmittelgerichts befragt.

Anders als im Bereich der privaten Wirtschaft, wo die Kundenbefragung als Kundenbindungsinstrument der Notwendigkeit folgt, sich am Markt zu behaupten und durchzusetzen, stehen beim Verwaltungsgerichtshof institutionsbedingt andere Gesichtspunkte im Vordergrund, denn selbstverständlich lässt die rechtsprechende Tätigkeit keinen Raum für Entscheidungen im Belieben des Kunden. Jedoch ist auch die Justiz als wesentlicher Teil des Staatswesens nicht gänzlich frei von Legitimationsdruck, dem sie nur durch qualitativ hochwertige Arbeit genügen kann. An dieser Stelle - also jenseits der Gesetzesbindung - setzt die Kundenbefragung an. Dass dabei für ein Gericht ebenso wenig wie für den Arzt Ziel sein kann, dass der „Kunde“ möglichst oft wiederkommt, liegt auf der Hand. Aber wenn die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs schon zur Rechtsdurchsetzung notwendig ist, dann soll sich der Rechtsuchende mit seinem Anliegen beim Verwaltungsgerichtshof möglichst gut aufgehoben fühlen. In diesem Zusammenhang ist ein Ergebnis der Kundenbefragung vorab zu nennen: Wann immer nach der Freundlichkeit der handelnden Personen gefragt wurde, waren durchweg gute Noten zu verzeichnen. In Fallzahlen messbar ist dies freilich nicht, aber dennoch ein ganz wesentliches Qualitätsmerkmal.

Die einzelnen Fragen im Rahmen der Kundenbefragung gliederten sich in mehrere Themenkomplexe, die sich mit den Serviceeinheiten, den Richterinnen und Richtern, der Ausstattung des Verwaltungsgerichtshofs und dessen Außendarstellung befassten. Für die Beantwortung der Fragen stand eine Skala von 1 bis 10 zur Verfügung, wobei der Bewertung mit 9/10 die Note „sehr gut“ und jener mit 7/8 die Note „gut“ zugeordnet war. Die Skala von 4 bis 6 Punkten war mit „zufriedenstellend“, die von 1 bis 3 Punkten mit „mangelhaft“ definiert. Die Ergebnisse der Befragung, die sich auf vergleichsweise sehr hohe Rücklaufquoten stützen kann und die der Verwaltungsgerichtshof über seine Internetseite zugänglich macht, können sich sehen lassen:

Besonders hervorzuheben ist die Einschätzung der Rechtsanwälte und Behördenvertreter zum Themenkomplex der mündlichen Verhandlung. Hier wurden - auch verglichen mit anderen Kundenbefragungen - Spitzenwerte erzielt. Die Vorbereitung des Sach- und Streitstands etwa bewerteten die Behördenvertreter mit der Durchschnittszahl von 8,53 und die Rechtsanwälte mit 8,41 Punkten und damit der Note „gut“ in einem sehr hohen Bereich. Gute Noten gab es ferner für die Verhandlungsführung (Behördenvertreter: 8,23; Rechtanwälte 7,23) und das Auftreten des Gerichts in der mündlichen Verhandlung (8,31/7,72). Auch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs werden weithin geschätzt. Beginnend mit der äußeren Form, die durchweg mit Noten über 8 Punkten bewertet wurde, über die Verständlichkeit der Entscheidung und deren Überzeugungskraft lässt sich somit feststellen, dass in diesem Kernbereich richterlicher Tätigkeit nur wenig Verbesserungsbedarf gesehen wird, wobei am ehesten noch die Werte für den Ablauf des vorbereitenden Verfahrens - also bis zur mündlichen Verhand-lung - Optimierungsmöglichkeiten erkennen lassen. Interessanterweise fanden sich die größten Kritiker zum Komplex der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs in den Kolleginnen und Kollegen an den Verwaltungsgerichten.

Optimierungsmöglichkeiten sehen alle der befragten Gruppen in den Verfahrenslaufzeiten, obwohl diese am Verwaltungsgerichtshof im bundesweiten Vergleich ohnehin als sehr gut einzuschätzen sind. Während sich die Rechtsanwälte diesbezüglich eine schnellere Entscheidung der Berufungszulassungsverfahren gewünscht haben (Durchschnittswert: 5,87 Punkte), sehen die Behördenvertreter Verbesserungsbedarf bei den Laufzeiten vor allem bei den Berufungsverfahren und den erstinstanzlichen Verfahren (5,96 Punkte) und die Verwaltungsgerichte bei den Beschwerden über Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (5,3 Punkte). Die Problematik der Laufzeiten hat indes einen engen Bezug zur Verfahrens- und Entscheidungsqualität. Verfahrenslaufzei-ten werden sich folglich nicht beliebig verkürzen lassen, ohne dass die von den Befragten hoch eingeschätzte und bewertete Qualität der Arbeit Schaden nimmt.

Von Interesse sind auch die Ergebnisse rund um das Gebäude des Verwaltungsgerichtshofs, da hier erfahrungsgemäß die Binnensicht der eigenen Arbeitsstätte von der Sicht des „Kunden“ nicht unerheblich differiert. Verbesserungsbedarf wird in diesem Bereich vor allem bei der Parkplatzsituation, aber auch bei der Beschilderung zum Verwaltungsgerichtshof gesehen. Auch die für die Beteiligten vorgesehenen Aufenthalts- und Wartebereiche könnten aus der Sicht ihrer Nutzer noch etwas besser ausgestattet werden, während die Zufriedenheit mit den Sitzungssälen und der Bibliothek bei allen befragten Gruppen deutlich höher lag. Durchweg hohe Werte waren im Komplex Außendarstellung an der Tagesordnung. Sowohl der Internetauftritt wie die Pressemitteilungen und der Entscheidungsversand erzielten ohne Ausnahme Durchschnittspunktzahlen im Bereich der Note „gut“, das Erscheinungsbild des Verwaltungsgerichtshofs in der Öffentlichkeit wurde von den Behördenvertretern mit 7,72 Punkten und von den Rechtsanwälten mit 7,25 Punkten bewertet. 

Durch eine Vielzahl schriftlicher Rückmeldungen, sowohl in der Form von Briefen, aber auch in der schriftlichen Begründung einzelner Bewertungen auf dem Fragebogen, wurde zudem deutlich, dass alle befragten Gruppen bereits den Umstand der Durchführung einer Kundenbefragung  und - hiermit verbunden - die Bereitschaft zur Optimierung von Abläufen sehr begrüßen. Darüber hinaus sind eine Vielzahl von Anregungen und Empfehlungen eingegangen, die für die tägliche Arbeit von großem Interesse sein werden. Tenor sehr vieler Rückmeldungen war die hohe Zufriedenheit mit der baden-württembergischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, gerade im bundesweiten Vergleich. Den Ergebnissen der Kundenbefragung wird sich im Rahmen des Qualitätsmanagements beim Verwaltungsgerichtshof in Kürze ein Gremium widmen, das Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen und konkrete Verbesserungsvorschläge unterbreiten soll.


6. Rückblick auf wichtige Entscheidungen im vergangenen Jahr

Auch im vergangenen Jahr bestand bei einer Vielzahl von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs ein erhebliches Medieninteresse. Diese Entscheidungen wurden mit insgesamt 60 Pressemitteilungen und zahlreichen weiteren Presseinformationen bekanntgegeben. So beschäftigte das „Projekt Stuttgart 21“ den Verwaltungsgerichtshof gleich mehrfach. Im März 2006 verhandelte der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes über den Planfeststellungsabschnitt 1.1, der als Teil der insgesamt ca. 175 Kilometer langen Aus- und Neubaustrecke Stuttgart-Ulm-Augsburg insbesondere die planungsrechtliche Grundlage für die Errichtung eines 8-gleisigen tiefer gelegten Durchgangsbahnhofs anstelle des 16-gleisigen Kopfbahnhofs in Stuttgart schafft. Am 01.02.2007 folgte die Verhandlung der vier Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den sich hieran anschließenden Abschnitt 1.2 (Fildertunnel). Sämtliche Klagen wurden abgewiesen; die Entscheidungen vom März 2006 sind inzwischen rechtskräftig.

Endgültige Planungssicherheit schuf der 8. Senat für die politisch umstrittene Landesmesse Stuttgart, indem er Anfang November 2006 den Antrag des BUND Baden-Württemberg e.V. zurückwies, das beklagte Land zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss für die neue Landesmesse um weitere Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft zu ergänzen. Auch diese Entscheidung ist zwischenzeitlich rechtskräftig.

Weitgehend durchsetzen konnte sich der BUND jedoch im Streit um die Tank- und Rastanlage „Argental“, auf deren Bau das beklagte Land im Streckenabschnitt Leutkirch-Dürren der Autobahn A 96 München-Lindau (bisherige B 18) in einem gerichtlichen Vergleich verzichtete und auf diese Weise die rechtliche Voraussetzung für den dringend erforderlichen „Lückenschluss“ der A 96 schuf.

Erneut bestätigt hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs im Januar 2006 die Verordnung des Luftfahrt-Bundesamtes bezüglich der im süddeutschen Luftraum geltenden Beschränkungen für die Anflüge auf den Flughafen Zürich. Er wies die Klagen von vier Städten und vier Privatpersonen, die im Nahbereich des Flughafens Zürich liegen bzw. wohnen, als unzulässig ab, da die während der Sperrzeiten auftretenden Fluglärmbelästigungen ausschließlich von den Schweizer Behörden zu vertreten seien und deshalb der deutschen staatlichen Gewalt nicht zugerechnet werden könnten. Über die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Kläger hat das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht entschieden.

Neben diesen allgemein bedeutsamen Verfahren stießen auch eine Vielzahl von regional interessanten bauplanungsrechtlichen Entscheidungen, wie zum Beispiel die Entscheidung des 8. Senats über die Gültigkeit des Bebauungsplans für den Bau eines Thermalbades in Friedrichshafen (sogenanntes Colani-Bad), auf Resonanz in den Medien.

Entscheidungen zur (verneinten) Beihilfefähigkeit von Potenzsteigerungsmitteln für Beamte, zur Pflichtpfandregelung für Einwegverpackungen, zur Unzulässigkeit einer Vermittlung von Sportwetten an Wettanbieter ohne baden-württembergische Erlaubnis und mehrere versammlungsrechtliche Entscheidungen, zeigten erneut das breit gefächerte Spektrum der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit. Große Beachtung fand auch die Verhandlung über das Verbot der Haltung eines „Hausschweins“ im allgemeinen Wohngebiet von Waldhilsbach (Stadt Neckargemünd). Diese Verhandlung endete mit einem Vergleich, der dem Schwein eine Schonfrist bis zum 30.04.2008 einräumte.
 
Anhängige Verfahren von öffentlichem Interesse

1. Kopftuchstreit

Im Berufungsverfahren 4 S 516/07 wendet sich das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Schule und Bildung -, gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.07.2006, mit dem dieses eine dienstliche Weisung des (damals zuständigen) Oberschulamtes aufgehoben hat. Mit der aufgehobenen Verfügung war eine zum Islam übergetretene Stuttgarter Grundschullehrerin verpflichtet worden, ihren Dienst in der Schule ohne Kopfbedeckung zu verrichten. Das Verwaltungsgericht ging zwar mit der Schulbehörde davon aus, dass die Klägerin durch das Tragen des Kopftuchs im Unterricht gegen das im Schulgesetz (§ 38 Abs. 2 SchulG) neu aufgenommene Verbot der Abgabe religiöser Bekundungen an öffentlichen Schulen verstoßen habe; dieses gesetzliche Verbot sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Da die Schulbehörde jedoch zulasse, dass Nonnen in Ordenstracht an staatlichen Schulen unterrichten, werde die Klägerin durch die von der Schulbehörde geübte Praxis der Rechtsanwendung dieser Vorschrift in ihrem Anspruch auf strikte Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen verletzt. Der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat mit Beschluss vom 28.02.2007 die Berufung gegen das Urteil zugelassen, da der Ausgang des Berufungsverfahrens offen sei.

2. Sportwetten

(1) Beim 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs sind derzeit ca. 110 Beschwerden gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte anhängig, die die sofortige Vollziehung von Verfügungen betreffen, mit denen die Vermittlung von Sportwetten an Wettanbieter ohne baden-württembergische Erlaubnis untersagt wurde. Überwiegend handelt es sich um Beschwerden von Betreibern von Wettannahmestellen, deren Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes von den Verwaltungsgerichten abgelehnt wurden. Die Antragsteller berufen sich im wesentlichen darauf, dass die vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28.03.2006 für die Übergangszeit festgelegten Vorgaben nicht erfüllt seien bzw. unabhängig davon ein Verstoß gegen den Anwendungsvorrang europäischen Gemeinschaftsrechts vorliege, weil die Sportwetten von Anbietern vermittelt würden, die in einem anderen EG-Mitgliedsstaat (Großbritannien, Österreich, Malta) konzessioniert seien. In einigen wenigen Fällen berufen sich die Betreiber auf eine noch zu DDR-Zeiten in Thüringen erteilte Konzession.

Unter den anhängigen Beschwerden befinden sich auch noch 27 Beschwerden des Landes gegen stattgebende Beschlüsse (im Wesentlichen des Verwaltungsgerichts Stuttgart). Einen Großteil der Beschwerden des Landes hat der Senat bereits aus prozessualen Gründen verworfen, da die „bausteinartige“ Antragsbegründung des Regie-rungspräsidiums Karlsruhe eine prozessrechtlich erforderliche Auseinandersetzung mit den angefochtenen Beschlüssen vermissen ließ. Eine Änderung der Rechtsprechung zu Gunsten der Betreiber von Wettannahmestellen, wie sie kürzlich ein in den Verfahren bevollmächtigter Rechtsanwalt im Internet behauptet hat, kann hierin jedoch nicht gesehen werden.

(2) Inzwischen sind beim Verwaltungsgerichtshof auch die ersten Anträge auf Zulassung der Berufung gegen in der Hauptsache ergangene verwaltungsgerichtliche Urteile anhängig.

(3) Anhängig ist beim 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs auch eine Beschwerde des Landes gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart, mit dem der VfB Stuttgart die Aussetzung der sofortigen Vollziehung eines ihm vom Regierungspräsidium Karlsruhe auferlegten Werbeverbotes für Sportwetten der Firma betandwin erwirkt hatte. Die Firma betandwin (bwin) e.K. ist Vermittler für die von der Firma BAW International Ltd. (betandwin international), Gibraltar, veranstalteten Sportwetten. Diese Tätigkeit wurde bwin vom Regierungspräsidium Chemnitz am 10.08.2006 unter Anordnung des Sofortvollzugs untersagt. Bwin ist Sponsor des VfB und hat nach dem Sponsorenvertrag das Recht, auf Werbeflächen und in anderen Medien des VfB Werbung für seine Produkte und Dienstleistungen unterzubringen. Dieses untersagte ihm das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 10.08.2006, weil es sich hierbei um Werbung für unerlaubte Sportwetten handele. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Vollziehung der Verfügung ausgesetzt, da erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung bestünden. Der Verwaltungsgerichtshof wird vor dem Hintergrund seiner ständigen Rechtsprechung, wonach die Vermittlung von Sportwetten auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.03.2006 ohne Verstoß gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht weiterhin untersagt werden darf, darüber zu befinden haben, ob dementsprechend auch Werbemaßnahmen für einen Sportwettenanbieter untersagt werden dürfen, die über keine in Baden-Württemberg erteilte Erlaubnis verfügen. Über die Beschwerde wird voraussichtlich Ende März entschieden, wobei dann auch das am 06.03.2007 verkündete Urteil des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Placanica u.a. (vgl. Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs Nr. 20/07 vom 06.03.2007 in den verbundenen Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04) zu berücksichtigen sein wird.

(4) Darüber hinaus sind beim 6. Senat noch drei Berufungsverfahren (Az. 6 S 934/06,  6 S 1503/06 und 6 S 1590/06) gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Stuttgart bzw. Freiburg anhängig, mit denen die jeweiligen Kläger eine Verurteilung der Städte Stuttgart, Heilbronn und Offenburg erwirkt haben, ihnen den Empfang der Anzeige des von ihnen betriebenen Gewerbes „Vermittlung von Sportwetten“ zu bescheinigen. Der Verwaltungsgerichtshof wird zu klären haben, ob die Bescheinigung des Empfangs einer solchen Gewerbeanzeige deshalb versagt werden darf, weil nach dem Staatslotteriegesetz vom 14.12.2004 die Vermittlung von Sportwetten an Anbieter nicht erlaubt ist, die über keine in Baden-Württemberg erteilte Erlaubnis verfügen. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung dieser Verfahren ist derzeit noch nicht absehbar.

3. Bürgermeisterwahl Kappel-Grafenhausen

Der Streit um die Gültigkeit der Bürgermeisterwahl in Kappel-Grafenhausen vom 02.07.2006 ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Bei dieser Bürgermeisterwahl wurde der bisherige Amtsinhaber Klausmann mit einem Stimmenvorsprung von 25 Stimmen vor seinem Mitbewerber erneut gewählt. Der Kläger, ein Gemeindebürger aus Kappel-Grafenhausen, hatte gegen die Wahl Einspruch eingelegt und gerügt, dass der „stellvertretende Leiter des Wahlprüfungsausschusses“ seine Pflicht zur Neutralität durch einen Leserbrief verletzt habe und dass dieser Brief im Rathaus geschrieben worden sei. Der Einspruch des Klägers gegen die Bürgermeisterwahl wurde vom Landratsamt Ortenaukreis zurückgewiesen; die hiergegen erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht Freiburg abgewiesen (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 06.12.2006). Über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil wird der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs zeitnah entscheiden.

4. Aktionen gegen öffentliche Gedenkveranstaltungen am Volkstrauertag

Im Berufungsverfahren 1 S 2828/06 begehrt der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit verschiedener polizeilicher Maßnahmen. Der Kläger gehört dem rechten politischen Spektrum an. Er hat in den vergangenen Jahren immer wieder im Zusammenhang mit öffentlichen Gedenkfeiern, die von der Stadt Tübingen und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge anlässlich des Volkstrauertags am Mahnmal auf dem Bergfriedhof in Tübingen veranstaltet werden, seine politischen Überzeugungen kundgetan. Am Volkstrauertag 2003 stellte er unmittelbar gegenüber dem Haupteingang des Friedhofs Plakate auf, die unter anderem Sympathie mit dem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Hohmann bekundeten und Gründe für eine „judenkritische“ Haltung der  Deutschen anführten. Nachdem er der Aufforderung, diese Plakate zu entfernen nicht nachgekommen war, ordnete die Stadt Tübingen die Beschlagnahme der Plakate an und erteilte dem Kläger einen Platzverweis. Am Volkstrauertag 2004 wollte der Kläger vom „Schutzbund für das deutsche Volk e.V.“ herausgegebene Flugblätter an den vor dem Friedhof geparkten Autos anbringen. Nachdem er sich gegen die wiederum angeordnete Beschlagnahme zur Wehr gesetzt hatte, wurde er in Gewahrsam genommen.

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der inzwischen erledigten polizeilichen Maßnahmen mit Urteil vom 26.01.2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Aktionen des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört hätten. Die Veranstalter der offiziellen Gedenkfeiern hätten aufgrund der ihnen erteilten Sondernutzungserlaubnis das Recht, den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Dieses Gestaltungsrecht beziehe sich räumlich nicht nur auf das Friedhofsgelände selbst, sondern auch auf den Zugangsbereich. Es gäbe kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Dies habe der Kläger aber versucht, da der Inhalt seiner Plakate und seine sonstigen Meinungsäußerungen zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch gestanden habe. Durch die provokante Art und Weise der Meinungskundgabe sei auch die öffentliche Ordnung verletzt worden, denn der Volkstrauertag diene der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und sei nach der überwiegenden Anschauung gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet. Der VGH hat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Im Berufungsverfahren wird insbesondere der rechtliche Gehalt und der Umfang der erteilten Sondernutzungserlaubnis und die Frage zu klären sein, ob die polizeilichen Maßnahmen (auch) mit einem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung begründet werden konnten.

5. Neubau der B 14 zwischen Winnenden und Backnang

Im Verfahren 5 S 130/06 wenden sich die beiden Kläger, ein Landwirt und Inhaber eines Gärtnereibetriebs sowie eine Bürgerinitiative (Förderkreis der BIB 14 e.V.) gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2005 zum vierspurigen Neubau der B 14 zwischen Winnenden und Backnang im 7,54 Kilometer langen zweiten (nördlichen) Bauabschnitt (Nellmersbach-Backnang). Der südliche Abschnitt (ab Winnenden-Süd) wurde 1999 planfestgestellt und wird zur Zeit gebaut. Ziel der Planfeststellung ist auch im nördlichen Abschnitt die Verbesserung der als völlig unbefriedigend beschriebenen Verkehrsverhältnisse.

Der Kläger zu 1. wendet sich gegen die Planung, weil durch sie Grundstücke in Anspruch genommen werden, die er als Landwirt und Inhaber eines (nach Ansicht des Beklagten aufgegebenen) Gärtnereibetriebs bewirtschaftet. Insoweit befürchtet er eine Existenzgefährdung und sieht sich ferner durch die Auswirkungen des Baus der B 14 auf den Gärtnereibetrieb betroffen. Der Förderkreis der BIB 14 e.V. hat vom Kläger zu 1. im Jahr 2002 ein in der Trasse der geplanten B 14 liegendes, etwa 3,5 ar großes Grundstück erworben und ökologisch aufgewertet.

Beide Kläger bezweifeln den Bedarf für den Neubau der B 14. Abwägungsfehlerhaft sei, dass im Planfeststellungsverfahren zwei vorzugswürdige Alternativen (Bahnbündelungstrasse und alternative Bestandstrasse) nicht geprüft worden seien.

Das beklagte Land verneint eine Existenzgefährdung des Klägers zu 1. und verweist hinsichtlich der Erforderlichkeit des teilweise dreistreifigen Ausbaus der B 14 auf gesetzliche Vorgaben sowie auf die gegenwärtige Verkehrsüberlastung und die Verkehrsprognose.

6. Vorgaben zur Fassadengestaltung bei Instandhaltungsmaßnahmen?

Im Berufungsverfahren 8 S 1238/06 geht es um die Frage der Zulässigkeit gestalterischer Anforderungen in gemeindlichen Altstadtsatzungen gegenüber Maßnahmen zur Instandhaltung vorhandener Gebäude. Die Satzung der Stadt Tübingen (Beklagte) zur Gestaltung des historischen Stadt- und Straßenbildes von 1991 enthält unter anderem ins Einzelne gehende Vorgaben zur Fassadengestaltung (etwa Gestaltung von Schaufenstern und Pfeilerbreite). Der Kläger baute im Jahre 2002 an seinem Ladengeschäft im historischen Stadtkern von Tübingen neue Schaufenster ein, die nicht diesen Anforderungen der Stadtbildsatzung entsprechen. Daraufhin ordnete die Baurechtsbehörde die Beseitigung der neuen Schaufenster an; den Widerspruch des Klägers hat das Regierungspräsidium zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Beseitigungsanordnung im Wesentlichen deshalb aufgehoben, weil der Austausch der Schaufenster der Instandhaltung des Gebäudes gedient habe und daher vom eigentumsrechtlichen Bestandsschutz gedeckt sei. In dem vom Senat zugelassenen Berufungsverfahren macht die Stadt Tübingen unter anderem geltend, dass die Gestaltungsvorschriften ihrer Stadtbildsatzung auch dann nicht am Bestandsschutz zu messen seien, wenn sie an die Vornahme von Instandsetzungsmaßnahmen anknüpften. Einschlägig sei vielmehr das Gebot der Verhältnismäßigkeit, welches hier nicht verletzt sei, weil ein erhebliches öffentliches Interesse an der Erhaltung und gestalterischen Entwicklung des charakteristischen Bildes des historischen Stadtkerns bestehe und eine satzungskonforme Anbringung der Schaufenster keine Mehrkosten verursacht hätte.


In diesem Verfahren wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf

Montag, den 23. April 2007, 15.00 Uhr

in Tübingen, Rathaus, Am Markt 1, Kleiner Sitzungssaal.


7. Verkehrsfähigkeit von Zahnbleichmitteln

Die Klägerin, eine Herstellerin von Dentalprodukten, vertreibt u.a. zwei von ihr produzierte und mit der für Medizinprodukte vorgesehenen CE-Kennzeichnung versehene Zahnbleichmittel, die ausschließlich in der Zahnarztpraxis bzw. unter zahnärztlicher Aufsicht auch zu Hause auf die Zähne aufgebracht werden. Für diese Produkte beantragte sie im April 2004 beim Regierungspräsidium Freiburg die Ausstellung einer Exportbescheinigung, mit der die Behörde die Verkehrsfähigkeit dieser Medizinprodukte in Deutschland für eine Ausfuhr nach Jordanien bescheinigen sollte. Diese Bescheinigung wurde vom Regierungspräsidium mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei den Produkten um keine Medizinprodukte, sondern um Kosmetika, die allerdings wegen des hohen Gehalts an Wasserstoffperoxid (30 % bzw. 3,6, bzw. 5,4 %, statt der in der      Kosmetikverordnung für Mundpflegemittel zugelassenen Höchstkonzentration von 0,1 %) nicht verkehrsfähig seien. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Freiburg abgewiesen.

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin (Az. 9 S 2089/06) wird im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Sitzungssaal III, am

Dienstag, dem 17.04.2007, 14.00 Uhr

verhandelt.
 
8. Konkurrentenklage im Krankenhausfinanzierungsrecht

In dem Berufungsverfahren 9 S 2240/06 wendet sich die Klägerin, das frühere Städtische Klinikum Pforzheim, das zwischenzeitlich in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird, gegen die Aufnahme der Klinik der Beigeladenen in den Krankenhausplan des beklagten Landes. Die Klägerin betreibt in Pforzheim ein Krankenhaus mit insgesamt 520 auf 10 Fachabteilungen verteilten Betten, die in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen sind. Die Beigeladene, ein privater Krankenhausträger, betreibt seit 1995 ebenfalls in P. eine Fachklinik für Orthopädie mit 20 Betten, in der - stationär wie ambulant - vorwiegend orthopädische Operationen durchgeführt werden. Sie beabsichtigt, in P. eine weitere Fachklinik für Orthopädie mit 150 Betten zu errichten. Im Jahre 2001 hatte die Beigeladene erstmals die Aufnahme der geplanten Klinik mit 150 Betten in den Krankenhausplan beantragt. Dieser Antrag wurde im September 2002 abgelehnt. Nachdem das beklagte Land auf eine Klage der Beigeladenen hin rechtskräftig zur Neubescheidung verurteilt worden war, lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag im Jahre 2005 zunächst erneut ab. In dem hiergegen wiederum von der Beigeladenen eingeleiteten Klageverfahren einigten sich die Beigeladene und das beklagte Land in einem gerichtlichen Vergleich. Entsprechend diesem Vergleich stellte das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 12.12.2005 fest, dass das Krankenhaus der Beigeladenen mit 30 Betten der Fachrichtung Orthopädie (nach Inkrafttreten der neuen Weiterbildungsordnung der Fachrichtung Orthopädie und Unfallchirurgie) in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen ist. Hiergegen erhob nunmehr die Klägerin Klage. Sie ist der Auffassung, dass diese Feststellung zu Unrecht ergangen sei und hierdurch in ihre Rechte eingegriffen werde, da mit der Aufnahme der Betten der Beigeladenen in den Kranhausplan zur Vermeidung einer Überversorgung zwangsläufig an anderer Stelle ein Bettenabbau, der auch bereits angekündigt sei, erfolgen müsse. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das Urteil  - die vom Verwaltungsgericht zugelassene - Berufung eingelegt. Der Senat wird in dem Berufungsverfahren insbesondere auch die umstrittene Frage klären müssen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Klägerin die Aufnahme eines Konkurrenten in den Krankenhausplan verhindern kann, d.h. ob und inwieweit eine sogenannte „defensive Konkurrentenklage“ im Krankenhausfinanzierungsrecht zulässig ist.

9. Vor-Ort-Sortierung von Abfällen aus privaten Haushalten

Im Berufungsverfahren 10 S 1684/06 wendet sich die Stadt Mannheim gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2006, mit dem dieses eine gegenüber der Klägerin erlassene abfallrechtliche Untersagungsverfügung aufgehoben hat. Die Klägerin, eine auf Abfallsortierung "vor Ort" spezialisierte Firma, beseitigt aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit einer Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft seit dem 01.09.2004 Fehlbefüllungen in den Restabfallbehältern auf den der Wohnbaugesellschaft gehörenden Grundstücken in Mannheim. An fünf Tagen in der Woche führt die Klägerin Sichtkontrollen durch und entnimmt die nicht in die Restabfallbehälter gehörenden Wertstoffe (z.B. Karton, Verpackungsmaterial, Altglas). Die Vergütung der Tätigkeit der Klägerin durch die Wohnbaugesellschaft erfolgt anteilig zu deren Gebühreneinsparungen.

In Erwartung einer wesentlichen Reduzierung des Restabfallvolumens bestellte die Wohnbaugesellschaft etliche der zuvor genutzten Restabfallbehälter bei der Stadt Mannheim ab. Daraufhin untersagte diese mit Verfügung vom 25.10.2004 der Klägerin, den Inhalt der bezeichneten Restabfallbehälter vor Ort zu sortieren. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Sortierung des Abfalls durch die Klägerin sei eine unzulässige Abfallbe-handlung; sie dürfe nach dem geltenden Abfallrecht nur in Abfallbeseitigungsanlagen erfolgen. Dies sei zudem aufgrund arbeits- und gesundheitsschutzrechtlicher Bedenken angezeigt. Außerdem stelle die Sortierung des Abfalls vor Ort einen unzulässigen Eingriff in die Organisationshoheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dar, da die Sortierung nach der Überlassung der Abfälle erfolge. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin stattgegeben und die Untersagungsverfügung mangels einer hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage aufgehoben. In dem vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufungsverfahren wird der Verwaltungsgerichtshof die bislang ungeklärte Rechtsfrage zu entscheiden haben, ob mit dem Einwurf des Abfalls in Abfallbehälter durch die Abfallerzeuger bereits eine „Überlassung“ des Abfalls an den kommunalen Entsorgungsträger stattgefunden hat, so dass die „Vor-Ort-Sortierung“ unzulässig wäre.

Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung der Beklagten wird im Dienstgebäude des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, 68165 Mannheim, Schubertstraße 11, Sitzungssaal I, am

Dienstag, dem 27.03.2007, 11.00 Uhr

verhandelt.

Anlagen:

Übersicht über die Geschäftstätigkeit bei den Verwaltungsgerichten 2006 (PDF, 51 kb)

Übersicht über die Geschäftstätigkeit beim Verwaltungsgerichtshof 2006 (PDF, 49 kb)

Ergebnisse der Kundenbefragung beim Verwaltungsgerichtshof (PDF, 52kb)

 

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