Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.
Medizinprofessor kann die Leitung einer Klinikabteilung ("Chefarztstelle") entzogen werden
Datum: 29.04.2009
Kurzbeschreibung: Hochschullehrer der medizinischen Fakultät werden grundsätzlich zur Vertretung ihres Fachs in Forschung und Lehre berufen; die Übertragung einer Chefarztstelle - und das damit verbundene Recht der Privatliquidation - sind damit nicht zwingend verbunden. Eine Berufungsvereinbarung, mit der dem Hochschullehrer die Stellung als leitender Klinikarzt zugesagt worden war, kann gekündigt werden, wenn der Hochschullehrer dieser Leitungsfunktion in schwerwiegender Weise nicht gerecht wird. Das hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute bekannt gegebenen Beschluss vom 24.04.2009 entschieden. Damit ist der Antrag eines Medizinprofessors (Kläger) auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg abgelehnt worden, mit dem eine vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg ausgesprochene Kündigung der Berufungsver-einbarung aus wichtigem Grund gebilligt worden ist.
Vor seiner Berufung an die Universität Freiburg schloss der Kläger mit dem Wissenschaftsministerium eine Berufungsvereinbarung, in der u.a. festgelegt wurde, dass er die Professur für Unfallchirurgie verbunden mit der Leitung der Abteilung Unfallchirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik übernehmen soll. Der Kläger wurde daraufhin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor ernannt. In den Jahren 1999/2000 ereigneten sich in der vom Kläger geleiteten Abteilung verschiedene Vorfälle, die zur Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens wegen des Vorwurfs der schuldhaft fehlerhaften medizinischen Behandlung mehrerer Patienten führten. Mit Verfügung vom 24.10.2000 wurde der Kläger vorläufig vom Dienst suspendiert. Das Landgericht Freiburg verurteilte den Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen. Das Land kündigte daraufhin die Berufungsvereinbarung, soweit dem Kläger die Leitung einer Abteilung der Chirurgischen Universitätsklinik zugesagt worden war. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat der VGH erst jetzt entschieden, da das Verfahren wegen des anhängigen Disziplinarverfahrens längere Zeit ruhte.
Der VGH war der Auffassung, dass eine Berufungsvereinbarung zwar auch bei nachträglicher Veränderung der Sach- und Rechtslage berücksichtigt werden muss, ein absoluter Bestandsschutz aber nicht angenommen werden kann. Ein Festhalten an der vereinbarten Stellenübertragung sei dem Land hier unzumutbar, da der Kläger seine Leitungsfunktion durch bewusst pflichtwidrige Weisungen an untergebenes Personal missbraucht und erhebliche Straftaten zu Lasten der ihm anvertrauten Patienten begangen habe. Maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Organisation der universitären Krankenversorgung müsse die bestmögliche Patientenbehandlung sein; das private Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung seiner Stellung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen müsse dahinter zurücktreten.
Der Beschluss ist unanfechtbar (Az.: 9 S 603/09).