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Stuttgart 21: Eilantrag des BUND abgelehnt
Datum: 02.08.2011
Kurzbeschreibung: Es besteht kein Anlass, das Eisenbahn-Bundesamt (Antragsgegner) zu verpflichten, der Deutschen Bahn AG (Beigeladene) den Weiterbau von "Stuttgart 21" deshalb zu untersagen, weil sie mehr Grundwasser fördern und entnehmen möchte als in den bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlüssen zugelassen. Das hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute bekannt gegebenen Beschluss vom 01.08.2011 entschieden und damit einen Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND; Antragsteller) abgelehnt.
Die Beigeladene ist Trägerin des Vorhabens “Stuttgart 21“. Die Planfeststellungsbeschlüsse des Antragsgegners vom 28.01.2005, 13.10.2006 und 16.05.2007 für drei Abschnitte des Vorhabens (Talquerung mit Hauptbahnhof sowie Zuführungen Feuerbach/Bad Cannstatt und Ober-/Untertürkheim) enthalten u.a. wasserrechtliche Erlaubnisse, Grundwasser aus Bodenschichten zu entnehmen, zutage zu fördern, zutage zu leiten und abzuleiten. Diese Erlaubnisse sind auf bestimmte Gesamtfördermengen und -raten sowie auf effektive Grundwasserentnahmemengen und -raten in bestimmten Zeitabschnitten (Monat, Jahr) innerhalb von sieben Jahren ab Beginn der “Bauwasserhaltungsarbeiten“ begrenzt.
Mit Schreiben vom 12.04.2011 zeigte die Beigeladene dem Antragsgegner an, dass aufgrund neuer, erst nach Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse gewonnener Erkenntnisse in einzelnen Baugruben ein teilweise deutlich höherer Wasserandrang vorhanden sei als ursprünglich angenommen. Daher müsse für einzelne Bauarbeiten mehr Grundwasser abgepumpt - und gleichzeitig wieder in den Boden infiltriert - werden als in den Planfeststellungsbeschlüssen zugelassen. Sie beantrage eine entsprechende Änderung ihrer wasserrechtlichen Erlaubnisse und - vorsorglich - eine entsprechende planungsrechtliche Zulassung. Hierauf verlangte der Antragsteller vom Antragsgegner unter Hinweis darauf, dass für die begehrten wasserrechtlichen Änderungen ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen und er in einem solchen Verfahren zu beteiligen sei, der Beigeladenen die Wiederaufnahme der Bauarbeiten für das Vorhaben “Stuttgart 21“ vorläufig zu untersagen. Das lehnte der Antragsgegner ab. Anschließend beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Stuttgart, den Antragsgegner durch eine einstweilige Anordnung zu verpflichten, der Beigeladenen Baumaßnahmen zur Umsetzung der Planfeststellungsbeschlüsse für das Vorhaben “Stuttgart 21“ zu untersagen, solange über deren Antrag auf Erhöhung der Grundwasserförderung - und -entnahme nicht entschieden sei. Das Verwaltungsgericht verwies den Rechtsstreit an den VGH.
Der VGH stellt zunächst seine Zuständigkeit klar und bejaht die Antragsbefugnis des Antragstellers. Es erscheine nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht ausgeschlossen, dass wegen der beantragten wasserrechtlichen Änderungen ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden müsse und dadurch ein naturschutzrechtliches Beteiligungsrecht des Antragstellers ausgelöst werde. Der Eilantrag habe gleichwohl keinen Erfolg. Denn der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass es zur Sicherung seines möglichen Beteiligungsrechts nötig sei, der Beigeladenen vorläufig die Fortführung von Baumaßnahmen zu untersagen. Die Maßnahmen zum Abriss des Nordflügels des Hauptbahnhofs und zur Vorbereitung des Abrisses des Südflügels seien durch den Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 gedeckt. Die Verlegung von Rohrleitungen zur Umsetzung des planfestgestellten Grundwassermanagements sei von den wasserrechtlichen Erlaubnissen und Nebenbestimmungen gedeckt. Der Änderungsantrag der Beigeladenen ziele nur auf eine Erhöhung der zugelassenen Grundwasserentnahmemengen und -raten im genehmigten Rohr-leitungssystem. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene bereits vor einer Entscheidung über diesen Änderungsantrag größer dimensionierte Leitungen verlegen oder größere Mengen an Grundwasser als bislang zugelassen entnehmen wolle. Die Planfeststellungsbeschlüsse seien auch weiterhin wirksam. Ihre Genehmigungswirkung sei nicht etwa deshalb entfallen, weil das Vorhaben ohne eine Erhöhung der Grundwasserentnahmemengen und -raten nicht mehr verwirklicht werden könne. Denn zum einen sei die Genehmigungsfähigkeit des Änderungsantrags - gegebenenfalls unter Auflagen - derzeit nicht ausgeschlossen und zum anderen gebe es noch mindestens drei bautechnische Alternativen zur Bewältigung eines erhöhten Grundwasserandrangs (wasserdichter Verbau, Unterwasserbetonsohle, Verlagerung von Infiltrationsbrunnen). Schließlich stehe dem Antragsteller auch kein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) zur Seite, weil ein ihm zustehendes naturschutzrechtliches Beteiligungsrecht im Planfeststellungsverfahren nicht gefährdet sei. Zwar habe der Antragsgegner noch nicht abschließend entschieden, ob er ein Planänderungsverfahren durchführe. Er habe aber vorsorglich darauf hingewirkt, dass die Beigeladene ein solches Verfahren beantrage. Daher bestünden derzeit keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner ein Beteiligungsrecht des Antragstellers umgehe.
Der Beschluss ist unanfechtbar (Az.: 5 S 1908/11).