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Kinderkrippen waren in Baden-Württemberg auch im Jahr 2005 förderungsfähig

Datum: 01.02.2011

Kurzbeschreibung: Eine von einem freier Träger der Jugendhilfe betriebene Kinderkrippe war in Baden-Württemberg auch im Jahr 2005 förderungsfähig, obwohl das Land Baden-Württemberg von seiner Gesetzgebungskompetenz zur Förderung von Tageseinrichtungen erst ab dem Jahr 2006 Gebrauch gemacht hat. Das hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute verkündeten Urteil entschieden und damit der Berufung eines als freier Träger der Jugendhilfe anerkannten Vereins (Kläger) gegen ein insoweit klageabweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 23.10.2008 stattgegeben.

Der Kläger betreibt die am Ort ihrer Art nach einzige Kleinkindertagesstätte (Kinderkrippe), in der Kinder berufstätiger oder in anderer Weise tagsüber beschäftigter Eltern im Alter von 6 bis 36 Monaten betreut werden. Er beantragte im Januar 2005 beim Bodenseekreis (Beklagter) einen Zuschuss zu seinen Verlusten in den Jahren 2004 und 2005. Er berief sich auf eine Bestimmung des Sozialgesetzbuchs des Bundes, wonach die freien Träger der Jugendhilfe gefördert werden sollen. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Ein Förderungsanspruch könne sich nur gegen die Stadt richten; diese verfolge aber ein anderes noch näher auszugestaltendes Betreuungskonzept. Auch der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Zum einen bestünden Bedenken gegen die Höhe der angegebenen vereinnahmten Spenden. Zum anderen sei das Sozialgesetzbuch des Bundes zum 1.1.2005 dahin geändert worden, dass die Förderung von Tageseinrichtungen ab diesem Stichtag der Regelungsgewalt der Bundesländer überlassen werde. Das Land Baden-Württemberg habe aber erst zum 1.1.2006 von dieser Befugnis Gebrauch gemacht und die Förderung von Kindertageseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren auf die Städte und Gemeinden übertragen. Für das Jahr 2005 bestehe somit ein Anspruch auf einen Zuschuss nach Bundesrecht nicht mehr und nach Landesrecht noch nicht.

Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Förderungsantrag für das Jahr 2004, bestätigte jedoch dessen Ablehnung für das Jahr 2005. Da der Bundesgesetzgeber die Förderung von Tageseinrichtungen ohne Wenn und Aber zum 1.1.2005 dem Landesrecht überantwortet, dieses aber erst zum 1.1.2006 darauf reagiert habe, fehle für das Jahr 2005 eine Rechtsgrundlage für den Förderungsanspruch.

Dieser Rechtsauffassung ist der VGH nicht gefolgt. Er hält zwar die Gesetzesauslegung des Verwaltungsgerichts rein nach dem Wortlaut, nicht aber nach dessen Sinn und Zweck für zutreffend. Aus einer Reihe von Bestimmungen und der Begründung der zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Änderung des Sozialgesetzbuches des Bundes ergebe sich, dass das Betreuungsangebot für Kinder deutlich ausgeweitet habe werden sollen. Damit unvereinbar sei die Annahme, der Bundesgesetzgeber habe sich zu diesem Stichtag abschließend und endgültig aus der Förderungsverantwortung verabschiedet, ohne den nunmehr verantwortlichen Landesgesetzgeber in den Blick zu nehmen. Denn er hätte damit sehenden Auges in Kauf genommen, dass bestehende Tageseinrichtungen aus finanziellen Gründen hätten schließen müssen, wenn - wie in Baden-Württemberg und wohl nur noch in Rheinland-Pfalz - eine landesgesetzlich geregelte, unmittelbar anschließende Finanzierung nach dem Landesrecht fehlte. Die streitige Regelung des Bundesrechts sei deshalb so zu lesen, dass die Förderung nach Bundesrecht erst mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Landesgesetze geendet habe. Der Bodenseekreis sei deshalb - entsprechend dem Antrag des klagenden Trägervereins - zu verpflichten, noch einmal über dessen Förderungsantrag für das Jahr 2005 zu entscheiden. Dem könne er auch die Haushaltslage nicht entgegen halten. Denn aufgrund seiner - auch die Finanzverantwortung umfassenden - Gesamtverantwortung als Träger der öffentlichen Jugendhilfe habe er finanzielle Mittel in dem Umfang bereitzustellen, dass die Aufgaben der Jugendhilfe dem Gesetz entsprechend erfüllt werden können.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 12 S 1774/10).

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