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Berufliche Verwendung von Pflanzenschutzmittel in Naturschutz- und Wasserschutzgebieten: Land muss Informationen über von Landwirten geführte Aufzeichnungen herausgeben

Datum: 09.06.2021

Kurzbeschreibung: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit fünf Urteilen vom 4. Mai 2021 die Berufungen des beklagten Landes gegen Urteile der vier baden-württembergischen Verwaltungsgerichte im Wesentlichen zurückgewiesen. Danach muss das Land einem Naturschutzverband und einem Wasserzweckverband in jeweils näher bestimmtem Umfang Zugang zu Informationen über von Landwirten geführte Aufzeichnungen über die von ihnen in Naturschutz- bzw. Wasserschutzgebieten verwendeten Pflanzenschutzmittel gewähren. Die Berufungen hatten hingegen Erfolg, soweit die Verwaltungsgerichte die ausgesprochene Verpflichtung auch auf nach Antragstellung bei der Behörde entstandene Informationen erstreckt hatten.

Zur Begründung führt der 10. Senat des VGH unter anderem aus, die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus den Regelungen des Landes über den Zugang zu Umweltinformationen im Umweltverwaltungsgesetz. Eigenständige, den Anwendungsbereich des Umweltverwaltungsgesetzes verschließende Regelungen seien weder in der EU-Pflanzenschutzverordnung noch im Pflanzenschutzgesetz enthalten. Die einschlägige Regelung in der EU-Pflanzenschutzverordnung verweise auf die Zugangsstandards der EU-Umweltinformationsrichtlinie und des diese umsetzenden nationalen Rechts - darunter das Umweltverwaltungsgesetz. Die einschlägige Regelung im Pflanzenschutzgesetz sei aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar, weil sie dem genannten Zugangsstandard nicht genüge. 

 

Die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche seien erfüllt. Bei den nach der EU-Pflanzenschutzverordnung verpflichtend zu führenden Aufzeichnungen der Landwirte handele es sich um Umweltinformationen. Diese seien zwar nicht bei der zuständigen Landwirtschaftsbehörde vorhanden, würden aber von den Landwirten für sie bereitgehalten. Ein Anspruch, der sich allerdings von vornherein immer nur auf zum Zeitpunkt der behördlichen Antragstellung vorhandene und nicht auf erst danach entstehende Informationen beziehen könne, entfalle nicht deshalb, weil die Behörde insoweit Ermittlungs- und Zusammenstellungsaufwand treffe. Denn die Landwirtschaftsbehörden hätten grundsätzlich Kenntnis von potentiellen beruflichen Verwendern. Es gehöre zu ihren Aufgaben, die Aufzeichnungen zu überprüfen. Informationsrechtlich handele es sich um eine grundsätzlich geschuldete Vorbereitungsleistung. Auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz der Landwirte stünden nicht entgegen, weil das Umweltverwaltungsgesetz diesen Schutz im hier gegebenen Fall von „Umweltinformationen über Emissionen“ ausdrücklich ausschließe.

 

Die Revision wurde in den fünf Verfahren jeweils nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (10 S 1348/20, 10 S 2060/20, 10 S 2422/20, 10 S 3972/20 und 10 S 1421/21). 

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