Mit den Beteiligten heute bekannt gegebenem Beschluss vom 06. November 2024 hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichthofs (VGH) die Beschwerde des AfD-Landesverbands gegen die Einstufung und Bekanntgabe als Verdachtsfall durch das Landesamt für Verfassungsschutz zurückgewiesen.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (Antragsgegner) erhob den AfD-Landesverband Baden-Württemberg (Antragsteller) am 13. Juli 2022 als Verdachtsfall zum Beobachtungsobjekt. Am 14. Juli 2022 veröffentlichte es anlässlich der Bekanntgabe des baden-württembergischen Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2021 eine Pressemitteilung, in der es die Beobachtung öffentlich bekanntgab. Einen hiergegen gerichteten Eilantrag des Antragstellers lehnte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 6. November 2023 ab (s. Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 8. November 2023).
In seinem Beschluss vom 06. November 2024, mit dem er die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen hat, hat der 1. Senat des VGH unter anderem ausgeführt:
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Landesverfassungsschutzgesetz auch auf politische Parteien anwendbar. Der besondere Schutz der Parteien durch Art. 21 GG schließt eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht aus. Eine verfassungsschutzrechtliche Beobachtung von Parteien ist auch mit der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit vereinbar.
Die Voraussetzungen für die Einstufung als Verdachtsfall und damit als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes liegen vor.
Das Eintreten für einen ethnischen Volksbegriff durch Mitglieder des Antragstellers begründet tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des Landesverfassungsschutzgesetzes, wenn dieser Volksbegriff den sich aus der Menschenwürde ergebenden Achtungsanspruch der Person verletzt und zur Verweigerung elementarer Rechtsgleichheit für alle führt, die nicht dem in dieser Weise ethnisch definierten Volk angehören. Die darin liegende Anknüpfung an Merkmale wie Herkunft und Rasse bedingt eine Ungleichbehandlung, die gegen die Diskriminierungsverbote des Grundgesetzes verstößt und eine weitgehende Rechtlosstellung von Personen, die nicht Teil des nach ethnischen Kriterien bestimmten Volks sind, rechtfertigt. Für eine solche verfassungswidrige Diskriminierung durch den Antragsteller bestehen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die die Beobachtung des Antragstellers rechtfertigen.
Darüber hinaus gibt es Anhaltspunkte einer diskriminierenden Ungleichbehandlung deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund gegenüber denjenigen ohne Migrationshintergrund. Äußerungen dahingehend, dass der „große Volksaustausch“ komme und dass eine „Umvolkung“ stattfinde, behaupten tendenziell eine Gefahr des Untergangs des Volkes durch Migration und bezwecken, die für die verfassungsmäßige Ordnung elementare Rechtsgleichheit aller Staatsbürger als eine zu überwindende Fehlentwicklung darzustellen.
Der Senat sieht weiterhin Anhaltspunkte dafür, dass Muslime mit einer Vielzahl von pauschalen Äußerungen über den Islamismus und den Islam als Glauben, herabgewürdigt werden sollen und damit einhergehend in ihrer Menschenwürde verletzt werden.
Vor diesem Hintergrund begegnet auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung des AfD-Landesverbands Baden-Württemberg durch das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg keinen Bedenken.
Der Beschluss vom 06. November 2024 ist unanfechtbar (1 S 1798/23).